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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Tankstellen in Obernburg

Zwei Tankstellen gibt es heutzutage in Obernburg, die für die große Anzahl von Pkws oder Motorrädern den benötigten Treibstoff liefern. Ganz anders sah die Situation aus, als im letzten Jahrhundert die Motorisierungswelle in den Anfängen steckte.

Entwicklung nach dem Ersten Weltkrieg
Im Laufe der 1920iger Jahre nahm der „Kraftwagenbetrieb“ auch in Obernburg zögernd zu. Deshalb sahen einige Geschäftsleute darin eine Chance, mit „Benzinzapfsäulen“ Einkünfte zu erzielen.

Obernburg lag verkehrsgünstig an der Maintalstraße von Aschaffenburg nach Miltenberg. Die Mainbrücke verband Straßen ins Mümling- und Elsavatal, so dass auch überörtlich eine Nachfrage nach Benzin für Reisende bestand. Die damaligen Benzinzapfsäulen mussten mit einer Handpumpe bedient werden.

Zwei Zwillingsgefäße aus Glas mit je fünf Liter Inhalt wurden so gefüllt und der Inhalt lief dann von dort durch den Tankrüssel in den Fahrzeugtank. Diese Doppelpumpanlage umgab ein eisernes Schutzgehäuse, das abgeschlossen werden konnte.

Das Benzin stammte aus einem Tank mit 2000 bis 4000 l, der im Boden versenkt worden war. Die Umweltauflagen beschränkten sich auf das Allernötigste. Die Behörden achteten bei der Genehmigung von „Straßenbenzinzapfsäulen“ zuerst auf die „Zerknall- und Feuersicherheit“. Außerdem sollten Verkehrsstörungen durch zu betankende Automobile ausgeschlossen sein. Zudem war auf die Beeinträchtigung des Ort- und Straßenbildes zu achten. So musste jedes Baugesuch für eine Benzinzapfsäule ein besonderes Genehmigungsverfahren durchlaufen.

Für das Aufstellen verlangte die städtische Verwaltung Gebühren in den 1920iger Jahren zwischen 100 bis 200 Mark pro Jahr. Verschiedene Mineralölgesellschaften boten den interessierten Geschäftsleuten die Einrichtung von Benzinzapfsäulen an. Diese kamen manchmal auf städtischem Grund, aber auch auf privatem Gelände entlang der Straße zu stehen. Die Betreiber bekamen ihre Einnahmen auf Provisionsbasis.

Wo standen Benzinzapfsäulen?
Vor dem Haus Mainstraße 9 (heute Elektro Reis) richtete die BV-Benzin (später ARAL) für den Elektromeister Luitpold Reis im Jahre 1926 eine Handpumpensäule ein. In den frühen 1950iger Jahren musste sie wegen des zunehmenden Verkehrs in der Mainstraße zur Mainbrücke entfernt werden.

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An der Römerstraße 58 (heute Star Pizza) ließ sich Carl Reitz (Bild unten), der ein Geschäft für Uhren, Gold- und Silberwaren, aber auch für Nähmaschinen und Fahrräder führte, 1925 von der Deutsch-Amerikanischen Petroleums-Gesellschaft DAPOLIN (später ESSO) eine Zapfsäule einbauen.

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Eine lustige Anekdote erzählte man sich in Obernburg lange Zeit von Carl Reitz. Der begeisterte Technikfan hatte sich ein Motorrad angeschafft, betankte es stolz und fuhr über die Mainbrücke nach Klingenberg und über Wörth zurück nach Obernburg. Vor seinem Geschäft wollte er anhalten, wusste aber nicht, wie man das Gas wegnimmt und das Motorrad zum Halten bringt. So kurvte er durch einige Straßen, die zugerufenen Ratschläge von mitrennenden Freunden verstand er wegen des Motorenlärms nicht. Um das Benzin zu verbrauchen, steuerte er nochmals Richtung Klingenberg und Wörth. Bald danach war auf der Landstraße vor Obernburg der Tank endlich leer. Carl Reitz schob das letzte Stück sein Motorrad zu seinem Geschäft.    

Schräg gegenüber in der Römerstraße 53 (heute Wäsche Shop Bachmann) eröffneten 1928 die Rhenania-Ossag-Mineralölwerke (später Shell) eine Zapfstelle bei Georg Max Helm, der in seiner „Fränkischen Maschinenzentrale“ unterschiedliche Gerätschaften verkaufte. Im Jahre 1934 übernahm der Manufakturwarenhändler Ernst Reichert das Geschäftshaus mit der Zapfsäule. Seine Witwe Anna verkaufte bis in die 1950iger Jahre dort Benzin.

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Nach dem Krieg geriet ein Auto beim Betanken in Brand. Marliese Kaup, geb. Reichert, sah den Rauch der überall hinzog und geriet so in Panik, dass sie nur wegrennen und sich verstecken wollte. 

Der Gastwirt der Altdeutschen Weinstube Josef Hain, der auch mit dem Namen „Fernfahrerheim“ für sich warb, ließ sich vor seinem Garten in der Römerstraße 3 (heute KULT) eine Zapfstelle von der Deutsch-Amerikanischen Petroleum Gesellschaft (später ESSO) einbauen.

Die Gemischtwarenhändler Magdalene und Jacob Rothermich (heute Nicole Schreibwaren) beantragten 1930 die Einrichtung einer Straßenzapfsäule an der Römerstraße 39 durch die Deutsche Benzin und Petroleum Gesellschaft BP. Der Tank wurde in der Schmiedgasse eingegraben. 1933 übernahmen die Gebrüder Hahn, Metallwarenhändler, diese Einrichtung.

Die Deutsche Gasoline errichtete beim Spenglermeister Theodor Bock (Bild links) vor seinem Haus Römerstraße 19 im Jahre 1930 eine Tankanlage. Sie bestand bis in die 1950iger Jahre.

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Vor dem Haus Römerstraße 27 (heute Prälat-Benkert-Platz) ließ sich der Optiker Julius Katheter 1932 eine Zapfstelle (Bild rechts) von der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft einbauen.

Im Jahre 1932 beantragte die DEROP, Deutsche Vertriebsgesellschaft für russische Ölprodukte, die Einrichtung von Zapfsäulen bei Albert Magold in der Römerstraße 34 und bei Valentin Hock in der Miltenberger Straße. Aber offensichtlich wurden die Bauvorhaben nicht verwirklicht. Erhöhte städtische Gebühren, Konkurrenzdruck der niedergelassenen Tankstellen, aber auch die allgemeine Notlage während der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 vereitelten diese Vorhaben.

In den Kriegsjahren von 1939 bis 1945 wurden Treibstoffe rationiert und somit der Autoverkehr stark eingeschränkt. Private Pkws und Lastwagen mussten auf Holzvergaserantrieb umgestellt werden. Offensichtlich wurden im Rahmen der kriegsbedingten Metallknappheit etliche Zapfsäulen mit ihren Tanks abgebaut. In den ersten Nachkriegsjahren gab es deshalb nur noch die Zapfstellen von Reis, Reichert und Bock.

Neugründungen nach dem Zweiten Weltkrieg
In den ersten Nachkriegsjahren gab es Benzin nur auf zugeteilte Marken. Diese Zwangsbewirtschaftung wurde erst im April 1951 aufgehoben. Somit wurde auch für Obernburg der Startschuss für neue Tankstellen gegeben.

Die Elsenfelder Firma Heinrich Bauer siedelte nach Obernburg über und eröffnete im Jahre 1951 in der Römerstraße 111 eine ESSO-Tankstelle mit einer VW-Werkstatt. Elektrisch betriebene Zapfsäulen mit Zähler und Rechenwerk ersetzten die alten handbetriebenen Zapfstellen. In den Wirtschaftswunderjahren erweiterte Auto-Bauer den Betrieb um neue Werkstätten und Ausstellungsräume und stieg zum VW-Vertragshändler, später auch für AUDI auf. Ende 1999 legten die Betriebsinhaber Peter und Josef Bauer die Tankstelle wegen verschärfter Umweltauflagen still. 2015 verkaufte die Familie Bauer die gesamte Anlage an die Firma Autohandel Miller.

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Auch im Jahr 1951 wagte Valentin Eichhorn den Neubau einer BV-Aral-Tankstelle im damals völlig unbebauten Niedernfeld an der Römerstraße 113. Die „Tankdienststation“ bestand zunächst aus drei überdachten Tanksäulen, von denen zwei elektrisch und eine im Handbetrieb den Treibstoff lieferte. Später kam eine Autowerkstatt dazu. Eichhorn wurde 1963 Werkshändler von Fiat.

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In diesem Jahr übernahm auch Ruprecht Eichhorn den Betrieb und ihm gelang es, später auch den Vertrieb von BMW und Mini an sich zu ziehen, was eine Erweiterung der Werkstatt und der Verkaufsräume erforderte. Als die Obernburger Umgehungsstraße B 469 gebaut wurde und die Tankstelle in der Römerstraße vom Durchgangsverkehr abgeschnitten war, verlagerte ab 1976 Ruprecht Eichhorn die ARAL Tankstelle an die B 469, wobei 12 Zapfstellen sowohl von der Schnellstraße als auch von der Römerstraße angefahren werden können. Die bisherige Tankstelle wurde stillgelegt und wich modernen Ausstellungs- und Verkaufsräumen des Autohauses Eichhorn. Am Neubau entstand noch eine Waschanlage. Neuerdings firmiert der Verkaufsraum unter „REWE to go“.

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Im Jahre 1954 baute August Zöller in der Römerstraße 6 (heute Torhaus) eine Shell-Tankstelle und reparierte in der angrenzenden Werkstatt Pkws, Motor- und Fahrräder. Seine Söhne Rudolf und Edgar Zöller übernahmen später den Betrieb und stellten auf eine Fina-Tankstelle um. Als VW- Vertragswerkstatt verkauften sie auch Autos und leisteten Kundendienste. Die Tankstelle wurde 1995 stillgelegt und verkauft.

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Als es in Obernburg noch nicht die B 469 und die neue Mainbrücke gab, gründete Karl Helm im Jahre 1973 in der Miltenberger Straße 13 a eine VK-Tankstelle. Seit 2008 ist Mirko Scherrer Pächter der bft-Tankstelle, die der Hanauer Firma Förster gehört. Die Tankstelle wurde um eine Werkstätte und um eine Waschanlage erweitert. Der ursprüngliche Verkaufsraum wurde zu einem Tankstellenshop mit Bistro und Backshop umgestaltet. Außerdem sind dort eine Lotto- und eine Annahmestelle des Hermes-Versands.

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Die Firma Autohaus Brass erbaute 1960 in der Miltenberger Straße 19 eine Verkaufsniederlassung für Pkws der Firma Opel. Gleichzeitig entstand eine Tankstelle, wo Treibstoffe von ESSO verkauft wurden. Als der Durchgangsverkehr sich auf die Schnellstraße verlagerte, wurde die Tankstelle stillgelegt. Heutzutage erinnert nur noch eine Zapfstelle für betriebsinterne Zwecke an die frühere öffentliche Tankstelle. 

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Helmut Wörn