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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Obernburger Flurnamen
In städtischen Bekanntmachungen oder Sitzungsprotokollen kann man des Öfteren solche oder ähnliche Texte lesen: “Der Bebauungsplan für das Gebiet (z.B.) Mühlrain liegt zur Einsicht im Rathaus auf.“ Oder: "In der Gemarkung Winterhalle kann Brennholz ersteigert werden." Es gibt sicher viele Obernburger, die zumindest häufig genannte Fluren richtig einordnen können, aber wir glauben auch, dass mindestens ebenso viele - vor allem Neubürger - mit Obernburger Flurnamen nur wenig anfangen können. Und mit der Deutung der Flurnamen dürfte es eher noch schlechter bestellt sein.

Dabei sind Flurnamen für die Gemeinden von großer Bedeutung. Aus längst vergangenen Zeiten geben sie uns oft Auskunft vom Werden der Scholle, manchmal auch von Lage und Beschaffenheit der Grundstücke, von wirtschaftlichen Verhältnissen unserer Ahnen, oft auch von altem Brauch und Recht. Wir wollen deshalb in den nächsten Ausgaben der "Obernburger Blätter" die größten oder bedeutendsten der 443 (!) Obernburger Gemarkungen aufzeichnen und versuchen, deren Namen zu erklären, was nicht immer mit absoluter Sicherheit möglich ist.

Unser erster Rundgang beginnt beim Bildstock am Pilgerspfad neben dem Obernburger Wasserhaus und führt uns bis zum Waldhaus und wieder zurück. Über diesen Bildstock schreibt der verstorbene Rektor Josef Michelbach: "Das Bildhäuschen an der Flurabteilung Pilgerspfad hält als stummer Mahner letzte Wacht an einem Weg den vor einigen hundert Jahren fromme Wallfahrer von der Donau an den Main zum Rhein gegen Aachen pilgerten". Und weiter: "Einst führte hier vom Main abzweigend ein Pilgerweg über Mainz nach Aachen..... Nicht bloß aus Deutschland kamen sie hergewallt, sondern auch aus Böhmen und Ungarn."

Bereits im Lagebuch von 1565 ist von einem Acker im Pilgerß Pfad die Rede. Über Bilgers Pfadt, im pilgerßpfath und weitere nahezu 20 verschiedene Schreibweisen wird schließlich 1925 zum ersten Mal von einem Holzweg und später von einem Feldweg im Pilgerspfad berichtet.
 

Wir gehen die asphaltierte Waldhausstraße hoch (rechts liegt die Gemarkung Bäckersberg, links die Gemarkung Jörgenberg), zunächst über die Untere Buchhölle vorbei am Schützenhaus – und weiter zur Oberen Buchhölle. Etwa 200 m bevor der Obernburger Stadtwald beginnt, können wir uns in einer Kurve entscheiden, ob wir auf der nach links abbiegenden befestigten Straße bleiben oder geradeaus den Feldweg nehmen. Wir bleiben zunächst auf der Straße und erreichen schon bald den Wald.

Bäckersberg: auch Beckersberg. Franz Zink, Schulrat i.R. schreibt 1925 in seinen „Aufzeichnungen  über Flurnamen  der Gemarkung  Obernburg am Main“ über dieses Flurstück: Der “Beggrschbärch” ist ein welliger Abhang mit humösem Sandboden, aber steinigem Untergrund. Der Name könnte auf den Familiennamen oder auf den Beruf des Inhabers hinweisen.

Jörgenberg: Diese Gemarkung wird 1565 als Acker ausgewiesen. Später wird von einer Wiese, auch von einem Weinberg im Görgenberg, oder von Georgenberg, auch im Jörgenberg geschrieben. Auch Jächenberg oder Jägerberg ist in verschiedenen Urkunden zu finden. Der Name könnte besagen, dass ein Georg, ein Jörg, der Besitzer dieser Flur war. Franz Zink schreibt 1925: "jörchsbärch" am Trieb. Mit dem Trieb ist der frühere Schweinetrieb gemeint.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass mehrere Flurstücke, angefangen vom Bildstock am Pilgerspfad bis hinauf zum Parkplatz vor dem Stadtwald in Urkunden mit dem Flurnamen Buchhöllentrieb  oder am Buchhöllentrieb (Franz Zink: buchhellndrib) bezeichnet werden. Es ist bekannt, dass etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Schweine zur Mast in den Stadtwald getrieben wurden. Der Hirte trieb im Frühjahr die Herde in den Wald, übernachtete auch selbst im Wald und kehrte erst im Herbst mit den Tieren wieder heim. Das Gebiet, in dem Schweine und Hirte den Sommer verbrachten, trug den Flurnamen Eppelter. Erst später wurde der Trieb in die Gemarkung Pilgersrain verlegt.

Flurkarte Schweinetrieb grau

Hier wurde jedoch die Herde jeden Morgen hinaus und abends heim getrieben. Die Suhle, die, wie Franz Zink beschreibt, noch in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts zu sehen war, nannte der Volksmund "Saustall".

Buchhölle: Es gibt eine Untere Buchhölle und eine Obere Buchhölle. Erstere ist das Gebiet rund um das Schützenhaus und weiter aufwärts neben unserer Straße, während die Flächen weiter oben nach dem kleinen Wäldchen mit dem Gedenkstein des Spessartbundes links unseres Weges bis zum Waldanfang die Obere Buchhölle genannt wird. Bereits 1382 ist ein Acker "vff der Buchhelden" angeführt. 1655 wird dieser "Eckher" "vnd (=unter) der buchhelle" genannt und 1565 auch als Weinberg aufgeführt. Auch Franz Zink schreibt, dass die "buchhells" am ehemaligen Schweinetrieb liegt. Der Name dieser Flur, die ursprünglich "Buchald", auch "Buchhelde" hieß, dürfte vom Baumbestand "Buchen" und dem Wort Halde (= Hang, Abhang) abgeleitet sein.

Die Flur am Waldeingang rechts nach dem Parkplatz heißt Bannholz, früher auch "Banholz neben dem Pfad" (Pilgerspfad?) oder "das Bannholz im Wald" genannt. Schon Franz Zink schreibt 1925 von einem Laubholzbestand im "bannhols" auf der Karlshöhe (Zink: bannhols). Der Name deutet daraufhin, dass dieses Gebiet für die Bevölkerung nicht zugänglich war. Es könnte sein, da in dieser Region einmal nach Erz gegraben wurde, dass die Allgemeinheit keinen Zutritt hatte, also verbannt war.

Pilgersrain: Die nächste Flur, die links von unserem Weg liegt, heißt Pilgersrain (Zink: bilcherschra). Der Name dürfte aussagen, dass dieses Gebiet auch an die Pilgersroute im Maintal angrenzte.

Rechts beginnt die Winterhalle (Zink: windrhal.) Sehr häufig werden den Flurnamen die Himmelsrichtung vorangestellt. Dabei wird aber auch z.B. die Südseite durch Sonne oder Sommer, die Nordseite durch Winter oder Schatten ausgedrückt. Die Winterhalle ist also ein nördlicher Hang im Gegensatz zur Sommerhalle (summerhal), die auf der anderen Seite des Talgrundes liegt.

Auf der höchsten Erhebung des Distrikts Karlshöhe (Sendemast) liegt etwas abseits im Wald eine noch nicht sicher geklärte römische Fundstelle. Eine Infotafel erklärt: „Römisches Turmfundament, wahrscheinlich eines Bergheiligtums aus der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts, freigelegt im Jahre 1970, 3,45 x 3,55 m, der Turm hatte seinen Zugang ursprünglich im 1. Stockwerk. Die Fundamente sind die ersten Spuren römischen Lebens auf der Karlshöhe. Sie stehen evtl. in einem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Nordende des Odenwaldlimes.“ Bergab erreichen wir nach wenigen Minuten das Obernburger Waldhaus, das in der Flur Sandrain erbaut wurde.  (Zink: "sandra"), ein  Gebiet mit  magerem Sandboden.

Nicht weniger als 17 Flurnamen findet man in diesem Distrikt Karlshöhe, der eine Fläche von 702,5 Hektar ausmacht. Wie aus der Karte ersichtlich, handelt es sich um ein zusammenhängendes Waldgebiet, das sehr gut mit Straßen und Wegen erschlossen ist.

Vom Waldhaus aus nehmen wir einen anderen Weg zurück zum Ausgangspunkt. Wir gehen vor dem Waldhaus nach rechts und wandern auf dem geschotterten Weg (Markierung 2) durch Buchenwald und schließlich Mischwald wieder durch die Gemarkungen Winterhalle und Bannholz an den Waldrand. Links im Tal sehen wir Eisenbach und uns gegenüber stehen die Häuser der Rüdhölle. Rechts von unserem Weg, dem so genannten "Groppheggewesch" stehen die Bäume des Bannholzes und links liegen zunächst die Gemarkung Hintere Grabenhecke, darunter die Flur In den Grabenhecken und schon angrenzend an die Buchhölle die Vordere Grabenhecke. In diesen Fluren findet man einen großartigen Baumbestand an Streuobst. In alten Urkunden ist auch von Kropphecke, Kropfhecke oder Grobhecke die Rede. Franz Zink schreibt 1925 zwar noch von Kropfhecke, ergänzt aber: "Die Flurbezeichnung Grabenhecke scheint mir die ursprünglichere, richtigere zu sein, da tatsächlich ein Wassergraben und mehrfach Hecken vorhanden sind." Hier schließt sich nun unser Rundgang und wir kehren auf der befestigten Straße wieder zurück zum Wasserhaus.

In unserer Übersichtskarte reichen die Gemarkungen Steingrube und Pitzeltal bis an unseren Rundweg heran. In älteren Karten ist dies aber nicht der Fall. Die Flur Eppelter, die sich nach alten Aufzeichnungen an die Steingrube anschließt und z. B. von Franz Zink 1925 noch beschrieben wird, taucht in neueren Karten überhaupt nicht mehr auf. Da wir bislang diese Unterschiede noch nicht klären konnten, werden wir bei der Beschreibung der übrigen Waldabteilungen darauf zurück kommen.

Unser Vereinsmitglied Alfons Szidzek, der auch Mitglied im "Verband für Orts- und Flurnamen-Forschung in Bayern e.V. ist, befasst sich seit über 20 Jahren mit Obernburger Flurnamen. Er hat mit viel Geduld und Aufwand eine Datei mit über 12.000 Eintragungen aus alten Unterlagen zusammengestellt. Ohne sein fundiertes Wissen wäre dieser Bericht über Obernburger Flurnamen nicht möglich gewesen. Wir danken für seine Mitarbeit.

Franz Maier

(Fortsetzung der von Franz Maier in Heft 6 der “Obernburger Blätter” begonnenen Reihe)

Rundgang vom Oberen Tor bis zum Pilgerspfad
Flurnamen gestatten uns häufig einen Blick in die Vergangenheit. So gab es Anfang des letzten Jahrhunderts vor dem  Oberen Tor noch die Schultheißgärten, früher Schulzenhaag (Schultheiß, althochdeutsch –ahd-: „der Schuld heischt“, Gerichtsbeamter, der im Auftrag des Grundherrn Abgaben einzieht, sprachliche Variante: Schulze. Haag, Hag: von einer Hecke eingehegtes Gelände.). Die Gärten standen dem Stiftsschultheiß zur Verfügung (siehe auch Bericht über den Stiftshof). Dieser Flurname ist mit der Bebauung verschwunden. Ebenso die benachbarte Bezeichnung Im Hegel, was abgeleitet sein könnte aus „hagen“, einen Zaun machen, einzäunen. Dieser Bereich lag zwischen Lindenstraße und Katzental.   

Flurnamen 2008 neu

1 Wendelinus-Point
2 Im Norbel
3 Katzenthal
4 Wendelinus-Hohl
5 Bei St. Wendelin
6 Wasen-Wengert
7 Nickel
8 Nickelsgraben
9 Am Graben (Pfuhl-Hohle)
10 Brenner
11 Am Hochgericht (Galgenberg)
12 Eichenhöhle
13 Brückenberg
14 Mühlrain
15 Weidig
16 Hartmannswörth
17 Etzel
18 Pilgerspfad
19 Unter der Brücke
20 In der Biege
21 Aaräcker
22 Hunds-Baum
23 Unterhalb der Kapelle
24 Kapellengries
K Kochsmühle (Müllerei)
D Deckelmannsmühle

An der Abzweigung des Oberen Neuen Wegs von der Miltenberger Straße stand bis zum Jahre 1969 die St. Wendelinus-Kapelle, benannt nach dem Heiligen Wendelin, dem Schutzheiligen der Hirten und Bauern. An diese erinnert nicht nur  der Gedenkstein an der Einmündung des Oberen Neuen Wegs in den Kreisel. Die Kapelle war namengebend für die sich südöstlich anschließende Wendelinus-Point. Point (ahd: piund) bezeichnet eingehegtes freies Acker- oder Gartenland, welches im Besitz der Gemeinschaft steht (Allmendgut). Soweit die Grundstücke derzeit noch unbebaut sind, ist der Flurname Wendelinus-Point noch heute so im Kataster eingetragen.

Der Wendelinusplatz ist im Zuge der Neubebauung des Geländes der früheren OVGO (s. Heft 3 der Obernburger Blätter) entstanden. Der im hinteren Bereich befindliche Steilhang unterhalb des evangelischen Pfarrhauses hieß Im Norbel (Norrbill oder Nor—Bühl). Dieser Flurname stellt auf das Gelände ab, auf die Bodenbeschaffenheit, und bedeutet Felshügel.

Rechterhand befindet sich das Katzenthal. Die Bezeichnung Katze oder Hund in Flurnamen ist Ausdruck für Negatives oder Schlechtes, z. B. schlecht zu besteigen. Es besteht mit Sicherheit auch nicht, wie schon gelesen, ein Zusammenhang mit dem germanischen Volksstamm der Chatten, da die Flurnamen erst viel später entstanden sind.

Der bergwärts führende Obere Neue Weg ist im unteren Bereich im Jahre 1855  auf der aufgeschütteten Wendelinus-Hohl (Hohl: Hohlweg) angelegt worden. Die Alte Hohl, die vor der evangelischen Kirche nach oben führt, war früher eine der wenigen Möglichkeiten, um auf den Stadtberg zu gelangen.

Nach rechts zweigt der Mittlere Höhenweg ab.1940/41 wurden französische Kriegsgefangene eingesetzt zum Bau eines Erschließungswegs durch die früheren Weinberge, der Weg wird daher heute noch Franzosenweg (Heft 8 der Obernburger Blätter) genannt, und führt bis zur Frohnthaler Hohl (Pfaffenbergweg).

Die ersten Grundstücke links des Oberen Neuen Wegs sind als Bei St. Wendelin registriert, im weiteren Verlauf befand sich der Wasen-Wengert (Wasen: nasse Wiese, Wengert: Weinberg).

Daran schließen sich die Flurnamen Im Nickel und Nickelsgraben an. Hier war der frühere Besitzer Namensgeber. Der Nickelsgraben war bis 1958 Schuttabladeplatz und ist jetzt zugeschüttet. Auch in diesem Bereich befanden sich bereits früher Weinberge.

Der Obere Neue Weg erschließt zunächst das Baugebiet Graben-Brenner. Am Graben, früher Pfuhl-Hohle (Pfuhl: Sumpf, Pfütze, schlammiges Wasser). Brenner, mögliche Bedeutung: wo der der Sonne ausgesetzte Boden (ver)brennt.

Über die Hohlwege wurde der Lehm angeschwemmt, der u.a. die Benefiziarierstation überdeckte und die Steine konservierte.

Mit den Straßenbezeichnungen „Am Graben“ und „Brennerweg“ wurden Flurnamen übernommen, ebenso Am Hochgericht, (früher: Galgenberg), nahe der Johannes-Obernburger-Schule. Dies erinnert daran, dass hier eine Richtstätte ehemaliger Herrschaften mit hoher Gerichtsbarkeit war.

Den Hang entlang folgt nach dem nach rechts abknickenden Oberen Neuen Weg die Burgunderstraße mit Blick auf das Industriecenter Obernburg auf dem Gelände des früheren Mainhausen. Beiderseits der Straße liegt das Baugebiet Eichenhöhle (Eichenhölle, Eichelshölle). Der Name Hölle ist nicht aus dem christlichen Begriff entstanden, die Deutung reicht von minderwertigem Feld über wilde Gegend bis zu Höhle und Hohlweg. In einer Urkunde aus dem Jahre 1431 wird die Flur noch als Eychelshelden (von ahd. hald: geneigt) bezeichnet. „Eichenbestand auf schlechtem Sand- und Steinboden an einem steilen Hang“ ist wohl als die wahrscheinlichste Bedeutung anzunehmen.

Die Flurnamen wurden im 19. Jahrhundert schriftlich niedergelegt, wobei durch Mundart entstandene Bezeichnungen bei der Niederlegung ins Schrift(hoch)deutsche zu heute teilweise nicht mehr nachvollziehbaren Namen führte.

Richtung Süden folgt der Brückenberg, daran schließt sich der Mühlrain an, von Franz Zink im Jahre 1925 bei der Erfassung der Flurnamen wie folgt beschrieben: „Süd- u. Südostabhang der nördl. Hochflur zum Mömlingtal als ehemaliges Weinbaugelände teilweise noch terrassenförmig. Wiegners- u. Castritiusmühle. ...“. „Rain“ bezeichnet einen erhöhten Grenzstreifen, Berg- und Uferhang, oder, wie hier, einen Abhang. Auch hier wurde der Flurname als Straßenname übernommen.

Vom Mühlrain gelangen wir ins Mömlingtal. Im feuchten Wiesengelände gelegen kann man bei Im Weidig sowohl an Viehweide denken als auch an die Weidenzweige als wichtiges Rohmaterial für Körbe etc.

Zwischen Mühlbachgraben und Mömling befindet sich die Hartmannswörth, benannt nach dem ehemaligen Besitzer. Wörth (mittelhochdeutsch: wert, wird) bedeutet Insel, Halbinsel, Uferland, erhöhtes, wasserfreies Land. Auf der anderen Seite der Mömling schließt sich das Etzel an. Der Name kommt von etzen: weiden, weiden lassen, verfüttern, Weide auf fremdem Grund.

Vom Pilgerspfad (siehe Heft 6) geht es im Tal zurück zur Stadt entlang Unter der Brücke (über die Mömling) und In der Biege, gemeint ist die Biegung des ehemaligen Mühlbachs nach Norden.

Entlang der B 469 befinden sich die Aaräcker, nach Franz Zink „ertragreiche Wiesenfläche zwischen Mömlingmündung, Mühlbach und Main“. Ursprünglich als fruchtbares Schwemmland wohl landwirtschaftliche Anbaufläche, Pflugland (von „arare“, lat. pflügen), urkundlich erwähnt 1348 als Ardakkir, später Artackern.

Wo sich heute die Deckelmannstraße befindet hieß die Flur früher Hunds-Baum, ein Hinweis auf schlechten Boden (siehe oben beim Katzenthal). Der Mainspielplatz befindet sich Unterhalb der Kapelle und auf dem ehemaligen Kapellengries, einer inselartigen Kiesanschwemmung mit einem Mainseitenarm, der bereits 1844 abgedämmt wurde (Gries: Kiesgeschiebe im Uferbereich).

Die Bedeutung der Flurnamen ist aus im Internet veröffentlichten Abhandlungen über Flurnamen recherchiert, größtenteils aber der 1963 im Selbstverlag des Verbands für Flurnamenforschung in Bayern e.V. erschienenen Flurnamenkunde von Joseph Schnetz entnommen. Das Material wurde dankenswerterweise von Alfons Szidzek zur Verfügung gestellt. Außerdem stand das Uraufnahmeblatt des Bayer. Landesvermessungsamts für Obernburg aus dem Jahre 1844 zur Verfügung, von dem beim HVV noch Exemplare als Nachdruck erworben werden können.

Von Obernburg Nord auf die Höhe
Auch im Bereich Obernburg Nord sind durch Bebauung etc. viele Flurnamen verschwunden oder in Vergessenheit geraten.

Flurnamen 2009 unten mit Nummern

U=Unteres Tor, 1=In den Gumpen, 2=Beim Römergässchen, 3=Froschau, 4=Weg für den Schiffszug, 5=Linden-Point, 6=Lehmkaute, 7=Frohntaler Hohl, 8=Taubenloch

Direkt nach dem Unteren Tor bis um den Gumpenturm herum fand man die Flurbezeichnung In den Gumpen (1). Tiefe Wasserstellen, kleine Seen oder auch Vertiefungen ohne Wasser wurden Gumpen genannt. Der Gumpenturm wurde früher laut Grundbucheintrag auch als Schiffbauers- oder Arrestturm oder auch Storchennestturm bezeichnet.

Das Amtsgericht steht auf der Flur Beim Römergässchen (2). Dieses Römergässchen führte von der heutigen Römerstraße im Verlauf der jetzigen Frühlingsstraße außerhalb der damaligen Bebauung entlang des römischen Friedhofs Richtung Main. Die sich nördlich anschließende Froschau (3) wurde noch als Fröschaugen, später als Fröschau bezeichnet. Als Au bezeichnet man ursprünglich sumpfiges Gelände, das dann später zur Nutzung trockengelegt wurde. Die Endung -aug oder äug hatte die gleiche Bedeutung.

Bei Anlegung des Grundbuchs ist noch der Weg für den Schiffszug (4) eingetragen worden. Es handelte sich offensichtlich um den alten Leinpfad, auf dem die Treidelpferde bis zum Übergang zur Kettenschifffahrt Ende des 19. Jahrhunderts die Lastkähne mainaufwärts zogen.

Links der Römerstraße liegt die Linden-Point (5) genannte Flur (Bereich Landratsamt). Als Point oder piund bezeichnete man im Besitz der Gemeinschaft stehendes Acker- oder Gartenland. Die Linde in den Flurnamen weist vielerorts auf eine Gerichtsstätte hin; einzeln stehende große Linden waren mitunter Versammlungs- und Gerichtsplätze. Leo Hefner zitiert in “1900 Jahre Obernburg am Main” aus einem Brief der Obernburger Bürger an den Pfarrer aus dem Jahre 1653: “Ferner geschieht es fast alle Sonntäg und Feyertäg das etliche Unnütze Spieler unter der Linden sitzen, allda mit Karten und Würfel spielen …”

Die Obernburger Stadthalle befindet sich auf dem Gebiet der früheren Lehmenkaut-Äcker oder Lehmkaute (6). Der Begriff Kaute trat als Vertiefung im Gelände an die Stelle von Grube oder Loch. Der Lehm war wichtiges Baumaterial und in diesem Bereich hauptsächlich durch die Frohntaler Hohl vom Berg angeschwemmt.

Links der Frohntaler Hohl (7) [zum Frondienst siehe Beitrag über den Stiftshof in Heft 10] findet man das Taubenloch (8). Dieser Flurname ist vermutlich nicht auf den Vogel zurückzuführen. Mundartliche Eigenheiten wurden oft bei der schriftlichen Erfassung von Flurnamen falsch übertragen. Möglicherweise ist taubes Loch - taub für öde oder leer - die ursprüngliche Flurbezeichnung.

Flurnamen Berg 2009 mit Nummern

1=Niederfeld, 2=Höllenstutz, 3=Mainhöllenberg, 4=Pflaumheimer Weg, 5=Lehmerich

Die Flurbezeichnungen Niederfeld (1), Ochsenacker (siehe Beitrag “Ochsenstall und Ochsenkrieg” in Heft 3 der Obernburger Blätter), Dekaneifeld (zurückzuführen auf den Stiftsdekan - siehe Bericht über den Stiftshof in Heft 10) sind überwiegend durch Bebauung verschwunden.

Vom Höllenstutz (2) führt ein Weg durch die ehemaligen Weinberge zum Mainhöllenberg (3). Stutz (oder Sturz) ist ein steil abfallendes Gelände. Der immer wieder auftauchende Begriff “Hölle” wird von Dr. Trost in einem eigenen Beitrag in diesem Heft untersucht.

Auf der Höhe finden sich u. a. die Flurnamen Pflaumheimer Weg (4) (früher Pflaümer Weeg) und Lehmrich (5) (Laimerich). In den Unterlagen von Alfons Szidzek findet man aus dem Höhfeld-Lagebuch von 1785 folgende Beschreibung: Erster Flur Laimerich genannt fangt oben der steinigten Hohl an, stoß sämtlich auf die Höllen Weinberg, und sind kleine Viertel a 40 Ruthen alda ausgegeben worden, und zieht sich dieses erste Gewand bis gegen den Hutt Rhein, den ersten Acker neben den Sand Weinberg hat. Ist 30 Ruten lang”. (Die Rute war ein altes Längenmaß von etwa 4 m.)

Die Erschließung des schwer zugänglichen Bereichs auf der Höhe zur Bewirtschaftung erfolgte erst um 1700. Die Flur Lehmrich ist aufgeteilt in 9 Gewanne. Aufgrund der Dreifelderwirtschaft (Sommergetreide, Wintergetreide, Brache) erfolgte die Aufteilung der Feldflur in schmale streifenförmige Gewanne, die Länge betrug mindestens das Zehnfache der Breite. Die langgestreckte Form ist auf die Schwierigkeit des Wendens mit Pfluggespannen zurückzuführen. Der Name Gewanne (früher: Gewand) entstand vermutlich auch aus dem althochdeutschen Wort wenden. Auch die Realerbteilung derartiger Grundstücke erfolgte immer in Längsrichtung.

 

Die nördlich des Mömlingtals gelegene Hochflur

Flurnamenkarte Hochflur

1=Lehmerich, 2=Hasenstockberg, 3=Pflaumheimer Weg, 4=Lautergraben/ Mittelsberggraben, 5=Altmauer, 6=Windlücke, 7=Roter Busch, 8=Frohnrad, 9=Harzofen, 10=Seffengraben, 11=Rüdhölle, 12=Hammelsrain, 13=Ochsengraben, 14=Reuschenberg, 15=Kummenthalgraben, 16=Salztröglöser, 17=Tiefentalgraben, 18=Flachsäcker, 19=Schenkenberg, 20=Wolzenäcker, 21=Pfaffenberg

 

Ein Rundgang über den Höhenzug hinter der Stadt führt vom Tiefental über den Pflaumheimer Weg zum Mittelbergsgraben, abwärts zum Roten Busch und über den Kummentalgraben zurück. Auch hier sind zahlreiche Flurnamen, die noch im Höhfeld-Lagebuch von 17853 oder im Flurnamenverzeichnis von 19254  enthalten sind, verschwunden und in der aktuellen Flurnamenliste des Vermessungsamts für Obernburg nicht mehr aufgeführt.

Von der Flurabteilung Lehmerich (1) (Heft 11 der Obernburger Blätter) führt der Weg nach Westen zum Hasenstockberg (2), der mit 256 m höchsten Erhebung in diesem Bereich. Die Flur Im Hasenstock grenzt im Norden an die Gemarkung Großwallstadt. Die nördlich gelegene Anhöhe auf Großwallstadter Gebiet ist in alten Karten noch als Hasensprung Berg bezeichnet. Die mit Hase gebildeten Flurnamen beziehen sich zum einen auf das häufige Vorkommen der Tiere, aber auch auf die Art der Jagd. Es gab eigene Gehege für Hasen und für Feldhühner. Der Name Hasenstock weist meist auf Stellen hin, an denen man auf den Grenzpfosten von Niederwildgehegen Hasen abgebildet hat1.

Es schließt sich die Flur Pflaumheimer Weg (3) an, die bis zum Lauter Graben3 führt, heute Mittelbergsgraben (4), in alten Karten auch als Rothenbuschgraben bezeichnet. Dieser bildet die Gemarkungsgrenze zu Mömlingen und Eisenbach. Der Begriff lauter aus dem Mittelhochdeutschen bedeutet hell, rein, klar, lauter und tritt häufig bei Gewässernamen auf1.

Den Graben abwärts stößtDas 12te Pfläumer Weegs Gewand auf den Alt Mauer Pfad”3, den heutigen Altmauerweg. Dort gab es auch die Flurbezeichnung In der Altmauer (5). Bei der Erfassung der Flurnamen wurde hierzu vermerkt: Nördl. Hochflur an der Nordseite des Roten Busch mit leichter Neigung zum Rotenbuschgraben. Nach der Volkssage soll da einst ein Schloss gestanden haben. /:Mauerreste:/ 4. Der Name bezog sich offensichtlich auf die in der Mömlinger Gemarkung befindliche benachbarte Flur Altmauer, wo sich eine römische Villa Rustica befunden hat.

Entlang des Grabens erreicht man die Windlücke (6). Dieser Name ist wohl damit zu erklären, dass man im dortigen Bereich besonders dem Wind ausgesetzt ist, die Verwendung des Begriffs in Flurnamen spricht jedenfalls dafür1.

Im Roten Busch (7) kommt man zunächst im oberen Teil in die früher Fronrad (8) genannte Flurabteilung und weiter abwärts in den auch heute noch so genannten Harzofen (9).

Zu dem im Fronrad einmündenden Seffengraben (10) hat schon Franz Zink festgestellt: Über die Herkunft des Namens vermochte ich keinerlei Aufschluß zu erlangen.4

Im Höhfeld-Lagebuch findet man unter anderem folgende Grundstücksbeschreibung: “Pflaumheimer Weeg 5. Gewand Frohnrath genannt, … und hat den obersten Anwänder”. Gewand, heute Gewanne, ist abgeleitet aus dem althochdeutschen anawant, die Stelle an der der Pflug wendet. Anw(ä)ender bedeutet, dass beim Pflügen das angrenzende Feld zum Wenden befahren werden durfte.1,2

Fron als Namensbestandteil deutet auf ein in Abhängigkeit zu bewirtschaftendes Grundstück hin, während -rath bzw. -rad  auf ein durch Rodung urbar gemachtes Land hinweisen könnte2. Bei der schriftlichen Erfassung der Flurnamen haben mundartliche Eigenheiten sehr oft zu Schreibweisen geführt, die heute keine Rückschlüsse auf die wirkliche Bedeutung mancher Begriffe mehr zulassen. Das gilt auch für  den Roten Busch. Es kann nicht zweifelsfrei abgegrenzt werden, ob der Name von Rodung oder tatsächlich von der Farbe rot abgeleitet ist.

Der Flurname Harzofen verweist auf Standorte, an denen von den Harzbrennern entsprechende Öfen errichtet und Harz geschmolzen und zu Pech verarbeitet wurde1.

Früher gab es am Südende des Roten Busch noch den Schneckenrain, an den sich nach Osten die Rüdhölle (11) anschließt. Der Begriff Hölle in den Flurnamen wurde bereits in Heft 11 der Obernburger Blätter erläutert. Im Höhfeld-Lagebuch ist noch von der Riedhöllen oder auch Riethhöllen die Rede. Franz Zink hat bei der Erfassung festgehalten, dass Bemühungen bezüglich der Namensaufhaltung  erfolglos!4 waren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch hier der aus dem mittel-hochdeutschen stammende Begriff riute für Rodung zu dem Namen geführt hat2.

Unterhalb der Rüdhölle liegt der Hammelsrain (12), ehemaliges Schafweidegebiet.4 Oberhalb der Rüdhölle kommt man zum Ochsengraben (13). Hierzu wurde als Erläuterung vermerkt: hängt mit der städtischen Zuchttierhaltung zusammen, wie auch die Bewirtschaftung der städt. Hohlwiese4. (Siehe auch Heft 3 der Obernburger Blätter: Ochsenstall und Ochsenkrieg.)

Früher hieß die sich über den ganzen Reuschenberg (14) (damals: Rauschenberg) bis zum Tiefentalgraben, zum Katzental und zum Mühlrain erstreckende Flurabteilung Zeilbaum3. Das althochdeutsche zila bedeutete Zeile, Reihe, im Mittelhochdeutschen stand zil auch für Dornbusch, Hecke3. Der im Höhfeld-Lagebuch genannte Zeilbaumerweeg, heute der Obere Neue Weg, war offenbar von Baum- oder Buschreihen gesäumt.

Oberhalb vom Kummenthalgraben (15), die Herkunft des Namens war nicht feststellbar, befinden sich die Salztröglöser (16). Die in Flurnamen enthaltene Form -löser verweist auf Gemeindeland, das in bestimmten Abständen durch Losentscheid unter den Ortsbürgern verteilt wurde1. Franz Zink vermerkte: So einst Schafweide und Salzlecke.4 Salztröge dienten dazu, den Schafen (oder auch dem Wild) Salz zum Lecken anzubieten1.

Zurück Richtung Tiefentalgraben (17) finden wir auf der Höhe noch die Flachsäcker (18) - einstige Flachskultur der Obernburger4, sowie Ackerland mit dem Flurnamen Schenkenberg (19). Nach einem der einstigen Grundbesitzer benannt!4. Aus dem Hofamt des Mundschenken haben sich der adlige Geschlechtsname als auch der bürgerliche Familienname entwickelt. Der Name dürfte sich auf den ehemaligen Besitz der Schenken zu Erbach, dem Erbacher Grafenhaus, beziehen, die in der ganzen Region begütert waren.1 (Siehe auch den Beitrag in Heft 11 der Obernburger Blätter über Obernburgs mittelalterliche Stadtbefestigung)

Auch die Wolzenäcker (20) auf dem Nordabhang des Pfaffenbergs (21) sind nach dem früheren Besitzer benannt. Der Pfaffenberg wird beschrieben als Nördl. Hochflur - ziemlich steile Abhänge gegen Norden und Osten. Auf letzterer Seite noch gut erhaltene Weinbergsmauern. … Die Weinberge zum teil einst Pfarreigrundstücke.4 Soweit die Grundstücke nicht Kirchenbesitz waren, bildeten sie einen Teil der Besoldung der Geistlichen.

Wulf Huke

Quellen:
1Südhessisches Flurnamenbuch des Landesgeschichtlichen Informationssystems Hessen (LAGIS) der Justus-Liebig-Universität Gießen - www.lagis-hessen.de

2Flurnamenkunde von Joseph Schnetz im Selbstverlag des Verbandes für Flurnamenforschung in Bayern e.V.

3Höhfeld-Lagebuch von 1785  und

4Erfassung der Flurnamen durch Franz Zink im Jahre 1925 aus den Unterlagen von Alfons Szidzek