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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Freizeit und Erholung in den Mainanlagen

Wo heutzutage Kinder in den Mainanlagen auf verschiedenen Spielgeräten herumtollen und an den Samstagen ein Trödelmarkt zahlreiche Besucher anlockt, erstreckte sich noch vor 200 Jahren die Kapellengriesinsel (Gries: Kies, sandiges Ufer). Sie war durch einen schmalen Seitenarm des Mains vom Ufer getrennt. Im Urkataster von 1844 ist sie noch deutlich erkennbar. Bei der Mainregulierung im 19. Jahrhundert hatte man sie aber schon durch Dämme erreichbar gemacht. In der Folgezeit wurde der Seitenarm des Mains mit Schutt verfüllt, u. a. mit dem Abraum der abgerissenen Stadtmauer. Neues Uferland wurde dem ursprünglichen Flusslauf abgewonnen und neu gestaltet.

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Das Neuland wurde unterschiedlich genutzt

Die heutigen Mainanlagen, die sich von der Südbrücke bis zur Mündung des ehemaligen Mühlbachs erstrecken, wurden in mehreren Abschnitten angelegt. Wo sich heute der Bolzplatz unterhalb der Südbrücke befindet, nutzten bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts Hausfrauen, vorwiegend aus dem beengten Schwarzviertel, die Wiese zum Bleichen und Trocknen der Wäsche. Mit dem Wasser der „Besch“ an der Annakapelle konnten sie an den großen Waschtagen  ihre Wäschestücke spülen und auswringen. In der warmen Jahreszeit flatterten auf der „Bleichwiese“ fast täglich Wäschestücke an den Leinen, die die Hausfrauen zwischen zahlreiche Holzpfosten gespannt hatten.

Am Ufer davor befand sich die ab dem Sommer 1912 errichtete Badeanstalt, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben wurde.

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Bleichwiese mit Badeanstalt

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Der „Urboam“, der durch viele Feuerchen von Lausbuben ausgehöhlt war, erinnerte bis in die 1960er Jahre an die einstige Situation.

 

 

Etwas südlich davon gab es noch bis zur Mainkanalisation im Jahre 1930 am einstigen Anfang der Kapellengriesinsel einige der ursprünglichen Schilfinseln.

 

 

Schon in den 1890er Jahren pflanzte man nördlich davon auf Anregung des damaligen Ver-schönerungsvereins zahlreiche Bäume für eine „Verschönerungs-anlage“.

 

Dieser Teil der Mainanlage um den heutigen Spielplatz herum stellte den Ausgangspunkt für die folgenden Erweiterungen dar:

Früherer Steinhauerwerkplatz wurde Erweiterungsgelände

Nördlich von der Kapellengriesinsel wurde der ursprüngliche Flusslauf durch Buhneneinbauten bei der Mainregulierung verengt. Die Innenbecken wurden verfüllt und am Ufer wurde eine 100 m lange Kaimauer für einen „Ländeplatz“ errichtet.

Hier konnten Schiffe allerlei Frachten, wie Steine, Baustoffe oder Holz verladen. Die Fa. Arnold aus Reistenhausen nutzte diesen Teil des Ufergeländes als Steinhauerwerkplatz. Dort wurden Sandsteine in Hütten behauen. Mit einem Kran konnten die Steinhauer die fertigen Werkstücke in Schiffe einladen. Bereits im Ersten Weltkrieg verlor jedoch dieses Gewerbe an Bedeutung. Der Stadtmagistrat beschloss deshalb 1919 die Kündigung des Pachtvertrags mit der Firma Arnold.

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Ein Jahr später ordnete Bürgermeister Heinrich Wörn die Einplanierung des Geländes und das Einsäen von Gras und das Pflanzen von Alleebäumen an. Teile der „Stoahacherswiese“ gehörten zwar nun zu den Anlagen, aber Kleintierzüchter nutzten gegen Pachtzahlungen das Wiesengras für Hasenfutter.

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Fischer wie z. B. Franz Österlein und Gregor Weiler (Foto) landeten am Ufer ihre Schelchen an und trockneten dort ihre Netze (Obernburger Blätter 2003, Nr.5).

 

Bei dem Bau der Staustufe Wallstadt 1930/31 wurde dieser Ländeplatz wegen des nunmehr höheren Wasserspiegels aufgegeben. Eine neue Kaimauer wurde unterhalb der damaligen Mainbrücke angelegt.

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Unter Bürgermeister Hans Bräunig wurden ab 1934 die nun erweiterten Anlagen stadtseitig durch Fichtenhecken gegen den Mainweg abgegrenzt.

Eine übrig gebliebene Steinhauerhütte diente bis zum Hochwasser 1947 als winterlicher Lagerplatz für bewegliche Teile der Badeanstalt.

Während der Amtszeit von Willy Nees pflanzte Stadtgärtner Gabriel Umscheid in den 1950er Jahren entlang der nun gekiesten Spazierwege Rosenrabatten an, die auch heutzutage im Sommer mit ihrer Blütenpracht die Menschen erfreuen. Eingerahmt durch Ziersträucher konnten Kinder in einem großen Sandkasten spielen, während Mütter ihre Schützlinge auf Bänken beaufsichtigen und ein Schwätzchen halten konnten. Dazu kamen später erstmalig Spielgeräte.

Die ausgediente Fähranlegestelle ergänzte Anlagen
Vor dem Bau der ersten Mainbrücke 1890 endete die Mainstraße an der Fähranlegestelle am Main. Nach der Sprengung dieser Brücke 1945 landete dort wieder für vier Jahre die Fähre nach Elsenfeld und zum Bahnhof an. Vom Ufer aus gesehen war diese Fähreinfahrt eine kleine Einbuchtung.

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Anfangs der 1950er Jahre begradigte das Wasser- und Schiffbauamt an dieser Stelle das Ufer und füllte die Bucht auf. Nur noch das Fährmannshaus am Weg erinnerte danach an die vergangene Zeit.

 

 

 

Die Stadtgärtner nutzten das Unterge-schoss dieses Gebäudes zunächst für ihre Gerätschaften, bevor es beim Bau der Umgehungsstraße abgebrochen wurde. Unter Leitung von Gabriel Umscheid verlängerten die Stadtgärtner den bisherigen Uferweg bis zur Brücke (heu-tiger Fußgängersteg) und gestalteten das aufgeschüttete Gelände als Anlage-erweiterung mit Bänken und Bepflan-zungen um.

 

 

Am Ende der Mainstraße, wo heute die B 469 quert, stand bis in die 1960er Jahre zur Kerb regelmäßig eine Schiffschaukel, die den damaligen Vergnügungspark vom heutigen Parkplatz unterhalb des Hotels „Karpfen“ gegen den Main zu abrundete.

 

 

Der Mainlände- und Dreschplatz wurde gärtnerisch gestaltet

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Zwischen dem heutigen Fußgängersteg und der ehemaligen Mühlbachmündung wurde das Ufergelände von 1930 bis in die 1960er Jahre mit der neu gemauerten Lände als Verschiffungsgelände für Gru-benholz genutzt. Fuhrwerke schafften das Schwach-holz aus den umliegenden Wäldern herbei. Am Ufer wurde es in langen Reihen gelagert. Frachtschiffe brachten es dann in die Kohlebergwerke des Ruhrgebiets.

 

 

Im Spätsommer standen auf dem Uferweg bis unter die Brücke Kleinbauern mit ihren Leiterwägen voller Getreidegarben Schlan-ge, weil sie dort wie viele andere „Kühbauern“ mit einer Dreschmaschine dreschen konnten. Voll gepackt mit gefüllten Getreidesäcken und leerem Stroh fuhren sie nach getaner Arbeit wieder heim (Obernburger Blätter 2006, Nr. 8).

 

Als diese Nutzungen aufhörten, konnte Stadtgärtner Wilhelm Bischof das Gelände neu anlegen, wobei er es durch Baumgruppen und Blumenbeete abwechs-lungsreich gliederte. So bekam die Obernburger Erholungsanlage am Main ihre heutige Gesamtlänge von 550 Meter.

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Leider beschädigten Hochwässer immer wieder Teile der Anlagen. Nicht umsonst ordnet das Wasser- und Schifffahrtsamt das Ufergelände als „Hochwasserabflussbereich“ ein.

Stärker als je zuvor wurden aber mit dem Neubau der Umgehungsstraße B469 die Anlagen am stadtseitigen Rand stark beeinträchtigt. Die bisherigen Zugangswege wurden abgeschnitten, aber auch zur neuen Fußgängerbrücke fehlte eine Anbindung. Unterführungen unter der Schnellstraße an der Annakapelle und an der früheren Wasserpforte öffneten Zugänge zu den Mainanlagen, eine Rampe mit einem Treppenaufgang schuf einen Aufstieg zum Brückensteg.

Bürgermeister Wendelin Imhof beauftragte das Ingenieurbüro Götz Schmidt, Bietigheim, einen Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Altstadt und Main zu entwerfen. Zahlreiche Ideen wurden für die Gestaltung der Freizeitanlagen vorgeschlagen. In den Planzeichnungen fanden sich ein Rollschuhplatz, eine Bocciabahn, eine Freischachfläche, überdachte Planschecken, mobile Kioske, eine Freilichtbühne und eine Bootsanlegestelle an der Mühlbachmündung.

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Bild links: Situation vor dem Bau der B469,                    Bild rechts: Die B469 trennt die Stadt vom Main

Im Jahre 1981 beantragte die Stadtverwaltung staatliche Mittel vom Programm „Freizeit und Erholung“, um die Verluste durch entsprechende Umgestaltungen in den Freizeitanlagen auszugleichen. Tatsächlich war es mit den Geldern möglich, die Anlagen teilweise zu verbreitern, die zerstörten Ränder entlang der B 469 mit Neupflanzungen zu gestalten und einen Wander- und Fahrradweg entlang der Schnellstraße anzulegen. Gleichzeitig wurde der frühere Sportplatz südlich der Südbrücke zu einem Messe- und Festplatz mit Parkplätzen umgestaltet.

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Bedauerlicherweise war nach Ende aller Baumaßnahmen die beschauliche Ruhe in den Mainanlagen angesichts des rasant wachsenden Autoverkehrs auf der Umgehungsstraße B469 nicht mehr herzustellen.

Beliebte Mainanlagen
Den Besitz der Mainanlagen teilen sich die Stadt Obernburg mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, wobei sich die Stadtverwaltung die Pflege jährlich 50.000 bis 60.000 € kosten lässt. Die einzigartigen Mainanlagen sind nämlich nicht nur für Obernburger, sondern auch für zahlreiche Auswärtige ein beliebtes Naherholungsziel. Gerne begleiten Eltern ihre Kinder zum Spielplatz, der unter Bürgermeister Walter Berninger 2003 mit neuen Spielgeräten attraktiv gemacht  wurde. Spaziergänger laufen auf den Wegen, ruhen sich auf den Bänken aus oder genießen den Blick auf vorbeifahrende Schiffe und den Main.

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Ein neuer „Ländeplatz“ an der früheren Mühlbachmündung wird seit Sommer 2015 als Anlegestelle für Sport- und Paddelboote angeboten.

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In den vergangenen Jahren waren die Anlagen zudem Schauplatz für unterschiedliche Feste. Zahlreiche Besucher strömten z. B. zu den Römerfesten, zum Mittelaltermarkt anlässlich der Stadterhebung 2013 oder 2014 zu MAMUKU, einem Musikfestival.

Helmut Wörn

 

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