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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Luftschutz vor und im Zweiten Weltkrieg in Obernburg

Nachdem die NSDAP mit Adolf Hitler 1933 die Macht in Deutschland übernommen hatte, wurden erst einmal überall neue Gesetze und Verordnungen erlassen, die darauf schließen ließen, dass es in naher Zukunft nicht mehr so friedlich zugehen würde (siehe: Hitler „Mein Kampf“).

Einige dieser Gesetze und Verordnungen betrafen den Luftschutz im Deutschen Reich. So trat das Luftschutzgesetz im Juni 1935 in Kraft, unterzeichnet vom Reichsminister der Luftfahrt, Hermann Göring. Das Ministerium konnte für die Durchführung des Luftschutzes die bereits vorhandenen Dienststellen benutzen, wie z. B. Polizei, Einrichtungen der Länder, der Gemeinden sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts und Verbände. Für die Bürger selber galt eine Luftschutzpflicht, d. h. Dienst- und Sachleistungen sowie sonstige Handlungen, Duldungen und Unterlassungen waren zur Durchführung des Luftschutzes verpflichtend. Für alle Details der Ausführungen gab es zusätzliche Verordnungen.

Luftschutz in Obernburg
In den Archivunterlagen der Stadt Obernburg wurden folgende Informationen gefunden: Der erste verantwortlich Beauftragte der Stadt Obernburg für die Bearbeitung der Luftschutzangelegenheiten war 1933 Willy Schnatz.

Für den sogenannten „Selbstschutz“ war der Reichsluftschutzbund (RLB) zuständig. Dieser verfügte in seinen Anordnungen:

  • vorhandene Einrichtungen ausnutzen
  • vorhandene Materialien verwenden
  • vorhandene Keller zu Luftschutzräumen ausbauen
  • gegenseitige Hilfsbereitschaft bei höchster Gefahr

Nun ging man daran, Luftschutzbezirke zu bilden. Der Obernburger Luftschutzbezirk bestand aus:

  • dem Stadtbezirk Obernburg
  • dem Gemeindebezirk Elsenfeld
  • den Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG, Werk Obernburg

Zuständig für den Luftschutzbezirk war der örtliche Polizeileiter, der damalige 1. Bürgermeister der Stadt Obernburg, Hans Bräunig (1934). Als Hilfsorgane der Polizei waren ernannte Hausluftschutzwarte eingeteilt. Die Tätigkeit der Warte umfasste:

  • Organisation im Haus beim Fliegeralarm
  • Bildung einer Hausfeuerwehr
  • Durchführung der Abblendungen (Verdunkelung)
  • Einrichtung der Schutzräume

Da in Obernburg keine Bunker gebaut wurden, wie in größeren Städten üblich, mussten die vorhandenen Keller herhalten. Es waren aber nicht alle dafür geeignet. Das zu untersuchen und zu bewerten war die Aufgabe des Architekten Leo Zöller aus Obernburg. Er musste für die vorgeschlagenen Häuser die Genehmigungen der Umbau- und Einbaumaßnahmen einholen. Wie die Keller auszubilden waren, dafür gab es Musterpläne, in denen die zusätzlichen Verstärkungen und Abstützungen der Kellerdecken dargestellt waren und welche Materialien zu verwenden waren. Außerdem mussten die Räume ausgestattet sein mit:

  • Sitz- und Liegegelegenheiten
  • Notklosett
  • Beleuchtung
  • Kiste mit Chlorkalk zur Entgiftung der Kleidung
  • Gasschleuse
  • Luftschutz-Hausapotheke mit Schienenmaterial, Dreieckstüchern und Verbandpäckchen
  • Tragbahre
  • Waschgefäß mit Seife und Handtüchern
  • Trinkwasser in verschiedenen Behältern
  • Volksgasmasken
  • Gerätschaften zur Beseitigung von Verschüttungen

Die Kosten hierfür hatte der Hausbesitzer zu tragen mit freiwilligen Spenden der Mieter. Den besten Luftschutz boten Tunnels, Stollen, Höhlen und Felsenkeller. Einige Felsenkeller gab es im Bereich

  • Bergstraße
  • Katzental
  • Am Tiefental/Pflaumheimer Weg
  • Miltenberger Straße

Eingang zum Felsenkeller am Katzental

Einen sehr großen Felsenkeller besaß die Obstverwertungsgenossenschaft OVGO im Berg am heutigen Wendelinusplatz, in dem über 200 Bürger Schutz fanden. Dieser Keller wurde für die Baumaßnahme am Wendelinusplatz zum Teil abgerissen und ein Rest wurde verschlossen.

Die Keller von folgenden Betrieben und Dienststellengebäuden wurden ebenfalls als Schutzräume genutzt, z. B.

  • Postamt in der Römerstraße
  • Amtsgerichtsgebäude in der Römerstraße
  • Bezirkskrankenhaus Obernburg, heute Polizeigebäude
  • Bezirksamt in der Römerstraße, heute Landratsamt
  • Gasthof „Sonne“, heute Kreissparkasse
  • Benefiziatenhaus, heutiges Rathaus
  • Amtsgerichtsgefängnis in der Juliusstraße, heute Ämtergebäude
  • Bezirkssparkassengebäude, heutige Raiffeisenbank
  • Gasthaus „Zum Hirschen“, heute Spilgerhaus gegenüber dem Rathaus
  • Gasthaus „Zum Bayerischen Hof“, heute Römerapotheke
  • Lederfabrik „Wörn“ in der Mainstraße
  • Gasthaus „Anker“ in der Mainstraße

um nur einige zu nennen.

Zum Beispiel hatte Frau Helene Müller vom Gasthaus „Zum Hirschen“ die örtliche Baufirma „August Schnatz“ am 24.08.1935 mit dem Ausbau des Luftschutzkellers beauftragt. Viele Wohnhäuser wurden damals ausgesucht, die für einen Luftschutz geeignet waren. Es existieren noch ein paar Vorschlagslisten aus dem Jahre 1943, aus denen hervorgeht, welche Häuser in welchen Straßen für gut geeignet bewertet wurden und welche nicht.

Die Bewohner der nicht geeigneten Gebäude wurden dann den anderen Häusern zugeordnet, damit diese Schutz fanden. Auch die in Obernburg vorhandenen Gefangenen erhielten Schutz und wurden in der Darlehenskasse, Römerstraße 31, untergebracht.

Weiterhin gab es so genannte Splitter-Schutz-Gräben, die zum Teil mit Erde leicht überdeckt waren. Diese hatten meistens zwei Ein- bzw. Ausgänge. Ein Beispiel ist noch zu sehen in der Kapellengasse und in der Katharinenstraße. Beide Eingänge sind auf den Bildern der folgenden Seite noch zu erkennen. Sie sind aber heute verschlossen.

Eingang Katharinenstraße

Eingang Kapellengasse

Einen weiteren Splittergraben gab es in der Frühlingstraße beim jetzigen Kindergarten Sonnenschein.

Fazit
Obernburg wurde zum Glück für die Einwohner vom großen Bombenkrieg fast verschont, so dass nur wenige Menschen Schaden nahmen, auch Dank der Schutzeinrichtungen. In der Hauptsache waren Zerstörungen durch Kampfhandlungen verursacht worden.

Leider lagen nicht mehr detailliertere Informationen im Stadtarchiv vor. Einige Angaben wurden in Ergänzung von älteren Obernburgern gemacht. Dafür möchte sich der Verfasser recht herzlich bedanken.

Günter Ulrichs