In der Folgezeit nahm das Drängen von Vereinen zu, den Jazz-Gully-Raum auch nutzen zu können. Da die Maingags die gesamte Einrichtung und Ausmalung selbst finanziert und ausgeführt hatten, konnte dies zunächst verhindert werden.
Aber schließlich wurden wir von der Stadt gezwungen, den Jazzgully für das Apfelblütenfest als Bar freizumachen. Wie zu erwarten, war am Ende des Festes unser schöner Raum in einem erbärmlichen Zustand. Es gab Brandlöcher und Flecken aller Art in den Polstern von Stühlen. Ebenso waren Tische ramponiert und sogar Tischbeine herausgerissen. Auch wurde aus einem verschlossenen Raum ein Verstärker entwendet.
Die Reparaturkosten und Neubeschaffungen beliefen sich auf ca. 3.000 Mark. Leider wurde uns vom Veranstalter (Stadt Obernburg und Vereinen) keinerlei Hilfsleistung oder Schadenersatz zugebilligt. Im darauf folgenden Jahr war es ähnlich, was für die Maingagjazzer sehr „motivierend“ war. Solche erzwungenen Überlassungen unseres Gullys wurden dann weitere Jahre zur Selbstverständlichkeit bis der Festplatz an den Main verlegt wurde. Dann aber wurde unser Jazz-Gully von der Stadt Obernburg umgebaut.
Das Resultat war ein bis zur Decke gekachelter Raum, der eher als Schlachtküche und nicht als Veranstaltungsraum dienen konnte. Die heimelige Atmosphäre, die unser Gully ausstrahlte, war durch diese unnütze Renovierung verloren gegangen. Der Raum bot weder Wohlfühlatmosphäre noch eine einigermaßen vertretbare Akustik. Und das Tollste war, dass die „Maingags“ ab sofort pro Veranstaltung 300 Mark Miete zu zahlen hatten.
Am 12.11.1980 schrieben die „Main-Gag-Summer-Drops“ in einem Leserbrief im „Main-Echo“:
„Das unter Jazzfreunden freudig erwartete und bereits angekündigte 10-jährige Jubiläum des Jazz-Gully Obernburg fällt ins Wasser. Grund ist, dass die „Maingags“ pro Veranstaltung im Jazz-Gully 300 Mark bezahlen sollen. Unverständlich, warum mit zweierlei Maßstäben gemessen wird, da andere Vereine nur 150 Mark Miete bezahlen.
Offenbar vertritt man im Stadtrat die Auffassung, dass die Arbeit der „Maingags“ auf Profit ausgerichtet sei. Dem ist nicht so. Unsere Einnahmen wurden angespart und dafür verwendet, die Reparatur- und weiter anfallende Kosten zu begleichen sowie weltbekannte Jazz-Gruppen nach Obernburg zu holen. Obernburg und sein Jazz-Gully wurden dadurch in Jazzkreisen in mehreren deutschen und europäischen Städten bekannt.
Wer erinnert sich nicht an Trevor Richards (London), S+H Quartett (Prag), Barry „Kid“ Martin (USA), Ken Colyer (London), Barrelhouse (Frankfurt), Hot Dogs (München) usw. Die nun festgesetzte hohe Miete macht es uns unmöglich die Gewinne zu erzielen die nötig sind, derartige Veranstaltungen zu finanzieren.
Widersprüchlich finden wir auch die Aussage des Kulturreferenten, dass der Einsatz der Stadt, kulturelle Veranstaltungen nach Obernburg zu bringen, von zu wenig Besuchern honoriert würde, da gerade unsere, aus eigenen Mitteln bestrittenen kulturellen Veranstaltungen stets große Publikumserfolge waren. Demnach wird der Einsatz für Obernburg zwar vom Publikum honoriert, nicht aber von den Stadtvätern.“
Mit dieser Maßnahme des Stadtrates, des Kulturreferenten und des Bürgermeisters war innerhalb kürzester Zeit eine kulturelle und den Bekanntheitsgrad Obernburgs überaus fördernde Institution der Garaus gemacht worden.
Siegbert Koch
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