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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Dr. Thomas Zöller

Thomas Zöller wurde am 16. Februar 1812 als Sohn des damaligen Bürgermeisters Adam Joseph Zöller in Obernburg geboren. Sein Vater leitete zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Geschicke der Stadt und hat inmitten einer der schwierigsten Zeitabschnitte, während der unaufhörlichen Durchzüge von französischem, russischem und sonstigem Kriegsvolk mit fester Hand die Zügel der Verwaltung geführt. Seiner Geschicklichkeit und Umsicht war es zu danken, dass Obernburg bei den vielen Einquartierungen und Besetzungen stets glimpflich davon kam und von Brandschatzungen und Plünderungen verschont blieb. Die Verhandlungen, die er mit den fremdländischen Offizieren führte, sind im städtischen Archiv verwahrt. Leider hatten die seelischen Aufregungen und besonders die fast unerschwinglichen Anforderungen, welche bei dem Durchzuge des französischen Heeres im Jahre 1812 an die Stadt gestellt wurden, die Kräfte des Bürgermeisters Adam Joseph Zöller derart erschüttert, dass er im Jahre 1813, als sein Sohn Thomas erst ein Jahr alt war, verstarb.

Thomas Zöller studierte in Mainz Medizin und übte dann in seiner Vaterstadt Obernburg seine ärztliche Praxis im eigenen Haus Nr. 215 in der Unteren Gasse (Eckhaus Untere Gasse/Mainstraße). aus. Im Jahre 1848, als Obernburg nach einer zwölfjährigen Zeitdauer der Landgemeideverfassung wieder die magistratische Verfassung annahm, wurde der allgemein beliebte Dr. Thomas Zöller als Bürgermeister gewählt. Und wie sein Vater in den Drangsalen der französischen Feldzüge zu Anfang des Jahrhunderts, so hat er es in den Wirrnissen des Sturmjahres 1848 verstanden, die Geschicke der Stadt mit Umsicht zu leiten und Obernburg mit verhältnismäßiger Ruhe über die Fährnisse und Klippen jenes Jahres hinwegzubringen. Ein Gehörleiden, das ihn von Jugend an verfolgte und stets zunahm, nötigte ihn, am 7. Juni 1852 sein Bürgermeisteramt niederzulegen. Das gleiche Leiden war die Ursache dafür, dass er seine ärztliche Praxis einschränken und später ganz aufgeben musste.

Wenn er sich nun auch in das Privatleben zurückzog, so nahm er doch an der Entwicklung seiner Vaterstadt intensiv Anteil und geradezu rührend war es, mit welcher fast ängstlichen Besorgnis er die Neuschöpfungen der Stadt verfolgte und sich fortgesetzt informierte, ob diese auch zum Heile der Stadt ausschlagen würden. Bis in sein hohes Alter hat sich Thomas Zöller einen gewissen Frohmut bewahrt und noch in seinen 80er Jahren fand er sich auf allen Konzerten, Bällen und geselligen Unterhaltungen als Gast ein. Wenn es ihm auch infolge seines Gehörleidens versagt blieb, den Vorträgen zu lauschen, so war er doch beglückt, wenn er an den Mienen und freudigen Gesichtern der anderen Gäste die frohe Stimmung sah. Er freute sich mit den Fröhlichen und immer wurde es mit Freude begrüßt, wenn der alte Herr im Silberhaar inmitten des jungen Volkes erschien.

Für die Armen und Bedrängten hatte er stets eine offene Hand und ungezählt sind die Wohltaten, welche er im Stillen spendete. Der unverheirate Dr. Zöller hatte sein gesamtes Vermögen (35.020 Mark) den karitativen Einrichtungen der Stadt Obern-burg vermacht.

Dazu ein Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats Obernburg vom 2. September 1899 und einem Vermerk zum Akte.

Betreff: Vermächtnis des Herrn Dr. Thomas Zöller für die städtischen Fonds

Der vom kgl. Amtsgerichte Obernburg mitgeteilte Auszug aus dem Testamente des Herrn Dr. med. Thomas Zöller vom 19. Januar d. Jahres wurde zur Kenntnis gebracht. Der Magistrat erklärt, dass er die dem

 Frühmessfond (Grundstück am Brückenberg, Wert 100 Mark),
 Lokalschulfond (Grundstück, Wert 300 Mark und Kapital 500 Mark),
 Horn’schen Fond (Kapital 2000 Mark, Wohnhaus 4000 Mark, Wiesen 4000 Mark)
 Waisenhausfond (Kapital 5770 Mark)
 Oberlehrerfond (Kapital 5270 Mark)
 Kleinkinderbewahranstaltsfond (Kapital 4000 Mark) und
 Armenfond (Kapital 210 Mark
 Kapellenstiftung (Kapital 3100 Mark)

testierten Vermächtnisse annimmt und die beigefügten Verpflichtungen für die Stiftungen übernimmt.

Bezugnehmend auf die Stiftungen von Dr. Zöller beschloss der Magistrat Obernburgs „aus Pietät gegen Herrn Dr. Zöller als Wohltäter der städtischen Fonde, die Begräbnisstätte für denselben unentgeldlich abzulassen und für alle Zeiten unentgeldlich zu erhalten, danach nach Umfluss der statutenmäßigen Zeitdauer von je 30 Jahren keinerlei Vergütung für die Ruhestätte zu erheben.“

Den Grabstein von Dr. Zöller findet man noch heute im alten Friedhof an der unteren Mauer rechts.

Dr. Zöller hatte einen Teil seines Vermögens auch der sogenannten „Horn’schen Stiftung“, die zur Pflege bedürftiger Kranker gegründet worden war und die mit dem Armenfond zusammenhing, vermacht. Dr. Zöllers Nachlass und die Schenkung seines Wohnhauses vergrößerte das Kapital der Stiftung so sehr, dass in eben dieses Wohnhaus 1894 zwei Krankenschwestern vom Orden der Barmherzigen Schwestern einziehen und der Obernburger Bevölkerung medizinischen Beistand leisten konnten.

 

 

(Das Bild zeigt das Fachwerkhaus neben dem Gasthof „Zum Karpfen“ vor der Renovierung) 

Dr. Zöller schrieb dazu in seinem Testament:

„Der Zweck des Legates ohne Unterschied ob die Horn’sche Stiftung oder der Armenfond es erwirkt, ist den Schwestern vom Hl. Erlöser, welche für die Kranken-pflege von Hauskranken sorgen, ..... Wohnung und Unterhaltungsbeitrag zu ge-währen. Deshalb sind die Zinsen des Kapitals soweit ich nicht andere Anordnung getroffen habe, lediglich zum Unterhalte der Schwestern zu verwenden. Ferner ist das bezeichnete Haus den Schwestern zur Wohnung ..... zu überlassen.“  

Dr. Zöller erfreute sich bis an sein Lebensende der größten Hochachtung der Bevölkerung nicht nur wegen seiner persönlichen Liebenswürdigkeit und seines Wohltätigkeitssinnes, sondern auch deshalb, weil sich an sein Haus bedeutende Episoden der Geschichte Obernburgs knüpfen. In seinem Nachruf steht:

„Mit Herrn Dr. Thomas Zöller, einem verdienten Bürger und treubesorgten Sohn seiner Vaterstadt ist am 5. Mai 1899 ein Stück Alt-Obernburg zu Grabe gegangen.“

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An Dr. Zöller erinnern in der Kapellengasse die Kapelle „Zur schmerzhaften Muttergottes“, die er erbauen ließ um sein Versprechen, das er seiner Mutter am Sterbebett gegeben hatte, zu erfüllen und die Dr.-Zöller-Straße, die vom Kreisel an der Römerstraße/Miltenberger Straße hinunter zum Friedhof führt.

 

 

Heinz Janson