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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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  Feldgeschworenenemblem

Die Feldgeschworenen

Heute wissen viele Menschen mit dieser Bezeichnung und der damit verbundenen Tätigkeit nichts oder nur wenig anzufangen. Dabei ist die Institution der Feldgeschworenen seit mehr als 130 Jahren in Bayern bekannt. Ihre Aufgabe in der heutigen Zeit könnte man als Mittler zwischen Verwaltung und Bürgern bezeichnen. Genauer gesagt sind Feldgeschworene kommunale Hilfsorgane, die bei Veränderungen, beim Verkauf und beim Wechseln von Besitz an Grund und Boden gemeinsam mit bayerischen Vermessungsbeamten als Fachbehörde arbeiten.

Die Institution der Feldgeschworenen reicht sehr weit zurück. Als die gemeinsame Bewirtschaftung von Grund und Boden allmählich in Alleineigentum überging, bestand erhöhtes Interesse, die Grenzen der einzelnen Besitzstände erkennbar zu machen. Bestanden zu Beginn diese Grenzeinrichtungen noch aus Hecken, Bachläufen, Schluchten und Grenzbäumen, sozusagen aus natürlichen Gegebenheiten, so kamen später Pfähle und Steine als Markierungen zur Anwendung. Um eine Grenzbeaufsichtigung zu gewährleisten entstanden Dorf- und Stadtgerichte, die die Aufgabe der Überwachung und der Einhaltung dieser Grenzen übernahmen. Daraus entwickelten sich die Feldgeschworenen, die man in unserer Gegend Steinsetzer, Umgänger, Vierrichter oder Siebener nannte. Sie erhielten ihre Satzung meist von den jeweiligen Landesherren. Das Abmarkungsgesetz vom 6.8.1981 und die dazu gehörende Feldgeschworenenordnung vom 16.10.1981 bildet heute die Grundlage für die Arbeit der Vermessungsbehörden und der Feldgeschworenen.

Als wichtigste Aufgabe der Feldgeschworenen bezeichnet das Gesetz die Mitwirkung beim Abmarken der Grundstücke. Dazu zählen insbesondere das Anbringen, das Versetzen, das Erneuern sowie das Entfernen von Grenzzeichen. Es sei auch erwähnt, dass die Feldgeschworenen daneben die Aufgabe haben, sogenannte Gemarkungsgrenzgänge durchzuführen. Jede Gemarkung einer Gemeinde hat eigene Feldgeschworene, das heißt zum Beispiel, dass die Stadt Obernburg als politische Gemeinde 2 Obmannschaften hat, die von Obernburg und die vom Stadtteil Eisenbach.

Das Amt der Feldgeschworenen ist ein kommunales Ehrenamt. Sie beziehen kein Gehalt sondern erhalten eine von der Landkreisverwaltung bzw. vom Kreistag festgesetzte Gebühr für ihre Tätigkeit. Die Zahl der Feldgeschworenen wird in jeder Gemeinde durch Beschluss des Gemeinderates festgelegt. Sie muss mindestens vier und soll höchstens sieben betragen. Häufig war wegen der Siebenzahl der Feldgeschworenen auch die Bezeichnung "Siebener" üblich, die bis in eine sehr frühe Zeit zurückweist, in der die Zahl sieben noch als "heilige Zahl" galt.

Sie wählen ihre Nachfolger selbst, soweit sie noch aus 3 Personen bestehen. Jeder Bürger, jede Institutionen oder Körperschaft kann sie für eine notwendige Arbeitsleistung in Anspruch nehmen, z. B. dann, wenn es sich um Sicherung, Hoch- und Tiefersetzen oder Richten einer Grenzmarkierung handelt.

Eine Besonderheit ist heute immer noch das “Siebenergeheimnis”. Zu der Zeit in der es weder Flurkarten noch Maßzahlen über Grenzverläufe gab, wurden die gesetzten Grenzsteine von den Geschworenen mit geheimen Zeichen versehen, die nur ihnen bekannt waren und die auch nur mündlich weitergegeben wurden. Bei Streitigkeiten offenbarten die Geschworenen auf Grund des “Siebenergeheimnisses” die Richtigkeit oder Falschheit der manchmal willkürlich veränderten Grenzen. Aufgedeckte Veränderung wurden oft hart bestraft:

    Im Sachsenspiegel (1200 n. Chr.) steht z. B. geschrieben:
    “...und gräbet Steine aus, so zu Marksteinen gesetzet sind,
    verfällt 30 Schillinge Strafe.”

    Im Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern 1861 heißt es in §345:
    “Wer .... die Grenzen fremder Grundstücke durch Pflügen, Mähen
    oder Ernten überschreitet .... wird an Geld bis zu 25 Gulden bestraft.”

Man sieht aus diesen Aufzählungen, dass die Strafen empfindlich waren. Dazu kam noch die Angst vor der Strafe Gottes:

“Verschiebe nicht die von deinen Vorfahren gezogene Grenze deines Nachbarn auf deinen Besitz, den du in dem Lande, das der Herr, dein Gott, dir zu Eigentum übergibt, bekommen wirst.” (5. Buch Moses ( Deuteronomium 19,14 )

Wie bedeutungsvoll das Institut war und ist geht aus zahlreichen “Ordnungen” hervor, bei denen die Geschworenen ihren Eid auf die jeweilige Dorfherrschaft ablegten. Eine der ältesten “Ordnungen” ist aus dem Dorf Schwebheim vom Jahr 1497 bekannt. Eine weitere Urkunde aus Mainaschaff verpflichtet den Steinsetzer Wendel Hemsberger (1587).

Es gäbe noch vieles über Vergangenes zu berichten; zum Beispiel über Maßsysteme bei der Vermessung, wie die endgültige Einführung des Meters 1871. Hier darf darauf hingewiesen werden, dass bereits um 1810 das “Metrische” Maß im Großherzogtum Frankfurt unter Seiner Königlichen Hoheit Carl von Dalberg eingeführt wurde. Nach dem Übergang an die Krone Bayerns wurde diese Neuerung leider umgehend wieder abgeschafft.

Das Amt des Feldgeschworenen hat sich dem Wandel der modernen Zeit angepasst und doch erfüllt es nach wie vor eine wichtige Aufgabe in den Kommunen. Feldgeschworene leisten, trotz eines bescheidenen Gebührensatz, einen wirtschaftlichen Dienst für die Bürger und die Stadt. Ihr Wissen über die örtlichen Verhältnisse trägt wesentlich zum Rechtsfrieden in den Gemeinden bei.

Zur Beachtung:
Jeder ist nach dem Gesetz verpflichtet auf Grenzzeichen zu achten. Wer sie achtlos entfernt macht sich strafbar. Die Wiederherstellung kostet viel Zeit und Geld.

Peter Burkart Feldgeschworener (Vierrichter)