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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Obernburger Volksschulgeschichte bis 1970

Das Schulwesen im Mittelalter
Das Schulwesen war damals eng an die Kirche geknüpft. Eigentliche Schullehrer gab es in Obernburg nicht. Wohlhabende Bürgerfamilien konnten ihre Knaben abhängig vom guten Willen des jeweiligen Pfarrers und gegen dessen Bezahlung unterrichten lassen.

Die Freischule
1552 stiftete Johannes Obernburger, Geheimsekretär Kaiser Karls V., seiner Vaterstadt 1000 frän-kische Gulden mit der Auflage, dass von den Zinsen ein ständiger Lehrer für die Bürgersöhne bezahlt werden sollte. Mit dieser Stiftung einer schulgeldfreien Volksschule, die deshalb Freischule genannt wurde, konnte die Besoldung eines Lehrers auf eine sichere Grundlage gestellt werden. Die Bezah-lung des Lehrers war anfangs sehr gering (40 Gulden). Die Bürger mussten darum mit Natural-leistungen nachbessern. Mädchen erhielten bis in das 18. Jahrhundert keinen Unterricht, außer in der Christenlehre durch den Pfarrer, wie dies überall der Fall war.

Erste bekannte Knabenschul- und Mädchenschulhäuser

2018_03_1Knabenschule Schuck mit Rahmen 2018_03_2 Erste Mädchenschule Stiftshof
2018_03_3 Reicherthaus alt ohne Schrift Schule

Stadtsekretär Becker vermerkte: „1748 hat die Stadt mit einem Kostenaufwand von 946 Gulden ein Knabenschulhaus (Bild oben links) erbauen lassen. Es stand links des Zugangs zur Pfarrkirche (später Schuck, jetzt Asia-Grill).

Die erste Mädchenschule (Bild oben mitte) war in einem Mietshaus, dem späteren Wilhelm Kolter’schen Haus beim Stiftshof (Ecke Mainstraße) untergebracht. Die Stadt hatte dieses Gebäude für 50 Gulden jährlich gemietet.

1827 kündigte der Stiftshofbauer das Mietverhältnis. Daraufhin kaufte die Stadt von dem Bürger Paul Mott das Anwesen Hausnummer 240 (Bild oben rechts) in der Römerstraße (heute Textil-Reichert) für 1950 Gulden und richtete hier die Mädchenschule ein.

Die Zustände in beiden Schulgebäuden waren primitivster Art. Die Lehrräume seien niedrig, dumpf und schlecht beleuchtet gewesen, auch hätten beide Gebäude in Bezug auf Reinlichkeitseinrichtungen viel zu wünschen übrig gelassen.“

Entwicklung Knabenschule
Im Knabenschulhaus wurden die Zustände mit der Zeit derart unhaltbar, dass die Königliche Regierung 1867 der Stadt den Auftrag gab, die Knabenschule anderweitig unterzubringen. Die Stadtverwaltung nahm damals die Errichtung eines Zentralschulgebäudes für Knaben und Mädchen rechts vor dem Unteren Tor in Aussicht. Doch dieser Plan scheiterte an den hohen Kosten. Daraufhin baute man 1872 das alte Landgerichtsgebäude (Fachwerkhaus des heutigen Rathauses) für 11.140 Mark als Knabenschule um. Im Januar 1873 erfolgte der Einzug. Im Obergeschoss gab es zwei Schulsäle, im Untergeschoss waren die zwei Lehrerwohnungen untergebracht. Stadtsekretär Becker notierte: „Aus eigener Erfahrung könne er sagen, dass die Schüler, die damals vom alten Hause in den Umbau einzogen, in einen Palast zu kommen glaubten, so groß sei der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Hause gewesen.“

Doch auch dieses Gebäude entsprach im Lauf der Jahre den Forderungen der Neuzeit nicht mehr, wie im Bericht des Kreisschulreferenten aus dem Jahr 1901 zu lesen ist: „In dieser Schule wirkt seit 18 Jahren Lehrer Hußlein. Seine Wohnung im Erdgeschoss ist teilweise feucht, der Gang dunkel, der Lehrsaal für die Schülerzahl gerade ausreichend, hat nur eine Höhe von 2,90 Metern. Die Tür des Schulzimmers ist teils durchlöchert, teils sitzt sie nicht recht auf dem Boden auf, so dass die Kinder und der Lehrer dem Zuge ausgesetzt sind. Der Schulsaal der zweiten Schule, die vom Hauptlehrer Franz Zink geführt wird, ist mit 55,48 Quadratmetern für 71 Kinder (0,78 qm pro Schüler) offenbar zu klein, so dass die Kinder zu eng beieinander sitzen und eine weitere Bank nicht gestellt werden kann. Bei der Überfüllung des Schulraumes würde es sich empfehlen, noch ein weiteres Fenster zum Aufklappen des oberen Teiles einzurichten. Wie aus dem oben Gesagten zur Genüge hervorgeht, wird die Stadt Obernburg sich auf die Länge der Zeit der Einsicht von der Notwendigkeit der Erbauung eines neuen Schulhauses nicht verschließen können.“

1902 wollte die Stadt die Situation verbessern und den zweiten Schulsaal vergrößern. Aus diesem Grund sollte eine Wand ausgebrochen und ein Wohnraum des Lehrers Zink mit einbezogen werden. Zink wehrte sich dagegen und schrieb am 21. August 1902 an die Stadt: „Meine Dienstwohnung ist bekanntermaßen im ganzen Amtsbezirk in mehrfacher Hinsicht die geringwertigste. Wenn mir nun auch noch ein Raum für die Vergrößerung des Schulsaales weggenommen wird, weiß ich nicht mehr, wo ich meine Möbel unterbringen soll.“

1904 begannen Grunderwerbsverhandlungen und erste Pläne wurden entworfen. Die Regierung stimmte zu, eine neue Knabenschule und ein eigenes Lehrerwohnhaus vor dem Unteren Tor zu erbauen.

1905 gab die Distriktschulinspektion zu bedenken, dass die relativ große Entfernung von dem neuen Lehrerwohnhaus zur Kirche für den Lehrer, sofern er den Kirchendienst zu versehen habe, recht beschwerlich werden könne. Auch seien die Schüler auf dem Weg zum neuen Schulhaus der vom Main her kommenden Nord- und Ostluft ausgesetzt, was im Winter nicht ohne Gefahr für die Gesundheit der Kinder und des Lehrers sei.

Am 19. März 1908 beschloss der Stadtmagistrat den Schulhausbau und den Bau eines Hauses mit Lehrerwohnungen und Nebengebäuden nach den Plänen des Architekten Buchert aus München bei einem Kostenvoranschlag von 77.000 Mark. Die örtliche Bauleitung wurde dem Bezirkstechniker Max Haas übertragen.

2018_05_1 Zeichnung Knabenschule 1908 bearbeite 3

Die Knabenschule von 1909
Im „Obernburger Boten“ vom 30.10.1909 ist anlässlich der Einweihung der neuen Knabenschule folgendes zu lesen: „Wer die Staatsstraße Aschaffenburg-Miltenberg passiert, dem fällt, wenn er nach Obernburg kommt, eine Reihe stattlicher Gebäude auf, deren Umfang und Bauart darauf schließen lassen, dass sie staat-lichen und gemeindlichen Zwecken dienen.

Kurz vor dem Eintritt in die Stadt fesselt den Beschauer zur rechten Hand ein großer Gebäudekomplex mit geräumigem Hofe. Es ist das neue Knabenschulhaus mit Lehrerwohngebäude. Der Bauplatz umfasst das vormalige Hausanwesen des Kgl. Herrn Oberst von Rohe mit Gartenländereien und den ehemaligen Garten des Herrn Bürgermeisters Deckelmann.

2018_06_1 Schule vor Kriegerdenkmal aus Buch
2018_06_2 Ensemble Lehrerhaus Knabenschule Löwenbrunnen

Der Bauplatz wurde derart eingeteilt, dass an die Straße zur linken Seite das Lehrerwohngebäude zu stehen kam, während die rechte Seite das zu einer Beamtenwohnung umgebaute von-Rohe’sche-Haus einnimmt.

Der Mittelplatz zwischen diesen beiden Anwesen ist für die Aufstellung des künftigen Krieger-denkmals bestimmt. 33 Meter rückwärts der Straße zieht sich quer über das frühere Gartenareal der eigentliche Schulbau hin.

Das Gebäude ist ein Giebelbau mit einem Giebel Front gegen die Römerstraße und einem anderen Front gegen die Juliusstraße.

Der Bau enthält in zwei Etagen vier geräumige, hohe, luftige Lehrsäle, die ausgezeichnet belichtet und mit Ofenheizung versehen sind. Drei derselben werden für den Schulunterricht benützt, der vierte dient als Zeichen-, Musik- und Gesangsübungssaal.

Ein breiter Treppenaufgang aus Rotsandstein führt in den hellen und geräumigen Korridor des Erdgeschosses, welcher zugleich als Garderoberaum für die Schüler der beiden unteren Schulsäle dient. Daselbst ist auch neben dem Stiegenaufgang ein Brunnen angelegt, der das Haus mit gesundem Trink- und Wirtschaftswasser aus der städtischen Wasserleitung versieht.

2018_06_3  Blick vom Stadtberg auf Stadt mit Knabenschule 2018_06_4 Blick vom Runden Turm auf Obere Wallstraße mit Schule

Ein imposantes Stiegenhaus fesselt den Beschauer. Die Stiege aus gutem Eichenholz führt in den ersten Stock, welcher den dritten Unterrichtssaal und den Zeichen- und Musiksaal enthält. Weiter birgt dieser Stock ein Arbeitszimmer für die Lehrerschaft und ein Zimmer für die Schulbibliothek, ebenso einen feuersicher gebauten Raum für das städtische Archiv, worin die wertvollsten städtischen Akten und Dokumente Unterkunft finden sollen, welche seither im Rathaus in einem beschränkten Raum nur ungenügend verwahrt werden konnten und im Falle eines Brandes unrettbar verloren gewesen wären.

Die Stiege führt weiter zu dem Dachgeschosse, welches vor allem ein Badezimmer für die Schüler enthält. Das Zimmer ist für Brausebäder vorgesehen, welche es ermöglichen, dass den Schülern auch während der Winterzeit die Wohltat eines regelmäßigen Bades verschafft werden kann.

Weiter enthält der Stock zwei geräumige Säle, die zur Aufnahme der städtischen Sammlung bestimmt sind, und zwar der Ostsaal für die reichhaltigen Römerfunde, der Nordsaal für die Gegenstände aus nachrömischer, mittelalterlicher und neuer Zeit. Diese Sammlung ist zurzeit in sehr mangelhaften Räumen des Runden Turmes untergebracht und wird demnächst in die neuen Säle überführt.

Ferner sind im Dachgeschoss noch die Wohnräume für die Hausmeisterin sowie ein geräumiger Dachboden. In einem Parterreanbau sind rückwärts die Aborte und die Pissoire untergebracht. Sowohl die Clossets wie die Pissoirschüsseln sind mit Wasserspülung versehen. Das ganze Haus ist bis zum Dachgeschosse mit elektrischer Beleuchtung versehen. Außerdem gibt es eine Wasserleitung, die bis zum Dachgeschosse hinaufführt. Der Bau ist aus rotem Sandsteinmauerwerk mit hellem Verputz hergestellt.

Das Lehrerwohngebäude enthält zwei geräumige Wohnungen für die beiden Herren Lehrer und Wohnraum für einen Hilfslehrer. Auch dieser Bau ist mit Wasserleitung und elektrischer Beleuchtung versehen.

Das ganze Areal ist kanalisiert und an den städtischen Hauptkanal angeschlossen.

Im Mittelraum zwischen Lehrerwohnung und von-Rohe’schem Haus wird das Kriegerdenkmal errichtet, das einen ruhenden Löwen mit Widmungstafel darstellt und unten mit einem monumentalen Brunnen abschließt. Der erste Spatenstich wurde am 6. Mai 1908 gemacht und das Ganze am 23. Oktober 1909 vollendet. Die Planie des geräumigen Schulhofes und die Herstellung einer neuen Zugangs-straße führten städtische Arbeiter unter Leitung des Herrn Magistratsrates Willibald Vad aus.

Die feierliche Einweihung erfolgte am Sonntag, den 24. Oktober 1909.“

Mädchenschule und Schulschwestern
Am 4. Juli 1850 vertrat der Magistrat die Ansicht, dass die weibliche Jugend besonders in den ersten Klassen sehr vernachlässigt würde, und dass es vor allem an der eigentlichen weiblichen Erziehung in der häuslichen Bildung fehle. Da die Eltern wenig auf die Kinder sähen und wegen ihrer Armut nichts für ihre Ausbildung tun könnten, wüchsen die Mädchen ohne alle Anleitung auf, gingen schon mit 16 - 20 Jahren nach Frankfurt und Mainz und kämen an Geist und Körper verdorben, oft mit Kindern gesegnet, wieder zurück. Die meisten dieser Kinder würden dann der Stadt zur Last fallen und so schlecht erzogen wie ihre Mütter. Mit der Übertragung der Mädchenschule an die Armen Schulschwestern glaubte man diesem Übelstand abhelfen zu können.

Am 24. August 1850 genehmigte die Regierung in Würzburg den Antrag der Stadt, den Unterricht in der Mädchenschule den Armen Schulschwestern zu übergeben. Im Februar 1851 war die Oberin persönlich in Obernburg, „um Einsicht in die Lokalitäten“ zu nehmen. Am 4. November 1851 zogen drei Arme Schulschwestern in das für sie hergerichtete Haus ein, das „Nazareth“ getauft wurde.

Obernburg war damit die erste Stadt in Unterfranken, die ihre Mädchenschule den Armen Schulschwestern überließ. Es waren selbstlose und pflichtbewusste Lehrerinnen, die sich große Verdienste um die Heranbildung der Obernburger Mädchen erworben haben.

Es gab zwei Klassen. Die erste umfasste die sechs- bis neunjährigen, die zweite die zehn- bis dreizehnjährigen Mädchen. Der morgendliche Unterricht begann mit einem Gottesdienst und dauerte von sieben bis zehn Uhr. Nachmittags erstreckte sich die Unterweisung von zwölf bis fünfzehn Uhr. Schulfrei waren jeweils der Dienstag und Donnerstag Nachmittag. Samstags wurde von halb sieben bis zehn Uhr unterrichtet. Zusätzlich hatte eine Schwester an Sonn- und Feiertagen von zwölf bis halb zwei Uhr die Sonntagsschüler zu versorgen. Als Entlohnung bekamen sie neben der freien Wohnung im Jahr 220 Gulden bezahlt.

2018_08_1 Mädchenschule Jahrgang 1927_28

Das Foto zeigt den Jahrgang 1927/28 im Jahr 1934

1938 entfernten die Nazis die Schwestern aus dem Schuldienst, 1941 auch aus den Kindergärten. 1945 wurden sie wieder eingesetzt. 1993 musste mit Beginn der Sommerferien nach 142 Jahren die Station der Armen Schulschwestern wegen Nachwuchs-mangels aufgelöst werden. Die letzten beiden Schwestern Gertrudis und Isolde wurden nach Aschaffenburg versetzt.

Entwicklung der Mädchenschule
Das Mädchenschulhaus (im heutigen Haus Textil-Reichert) entsprach im Laufe der Jahre nicht mehr den Anforderungen. Sehr aufschlussreich ist dabei das Gutachten des kgl. Bezirksarztes von Obernburg, Dr. Hofmann, der über die zu kleine Mädchenschule schreibt: „Das Lehrzimmer der zweiten Klasse der Mädchenschule liegt zu ebener Erde, ist 6,65 m lang, 5,20 m breit und 2,58 m hoch, ein Kubikraum von 89,21 m³. 76 Schülerinnen erhalten Unterricht. (76 Schülerinnen in einem 34,58 qm großen Raum = Platz für ein Mädchen 0,46 qm). Laut Ministerialentschließung vom 16. Januar 1867 sollten auf ein Kind zwei Kubikmeter kommen. Der Raum des Lehrzimmers ist viel zu klein und die natürliche Folge davon ist, dass die Luft des Zimmers mit der von den Kindern ausgeatmeten Kohlensäure überfüllt und dadurch gründlich verdorben wird, dies ist umso sicherer der Fall, als auch die Wände und wahrscheinlich auch der Boden des Zimmers feucht sind, namentlich die nördliche Wand, welche an den benachbarten Hofraum stößt, ist bis zur Höhe von vier bis fünf Fuß nicht nur feucht, sondern geradezu nass.“

Außerdem wurden die Lichtverhältnisse bemängelt, die Fenster, die nur oben eine kleine Klappe zum Öffnen hätten, die durch die Feuchtigkeit gehemmte Luftzirkulation, die Atmungsbeeinträchtigung, das Entstehen von Kurzsichtigkeit und anderer Augenleiden. „Das betreffende Schulzimmer ist daher als ein im höchsten Grade gesundheitswidriges zu bezeichnen“. Ähnliches wurde über das Schulzimmer der ersten Mädchenschule im oberen Stock berichtet, das 6,68 m lang, 6,80 m breit, 2,40 m hoch war und somit auf 45,42 qm 72 Schülerinnen aufnehmen musste. Deshalb forderte das kgl. Bezirksamt am 11. Dezember 1873 Abhilfe und vertrat die Meinung, diese könne nur mit einem Schulneubau gefunden werden.

Am 4. Januar 1874 beschloss der Magistrat unter Bürgermeister Kreß einen Neubau. Der Ochsenwirt Eduard Deckelmann hatte sich bereit erklärt, das für den Schulbau benötigte Gelände am Unteren Tor aus seinem Gartenareal zur Verfügung zu stellen. Der Preis pro Quadratmeter betrug sechs Gulden. Insgesamt hätte der Bauplatz 100 Gulden gekostet. Da sich aber die Stadt bereit erklärte, um das bleibende Grundstück Deckelmann eine Mauer von einem Meter Höhe zu ziehen, und diese mit zwanzig Gulden verrechnet wurde, bekam der Ochsenwirt nur 80 Gulden ausbezahlt.

Zur Finanzierung des Schulbaus wurden am 9.8.1878 vom Stiftsrentamt Aschaffenburg 35.800 Mark aufgenommen. Da das Rentamt diese Summe aber nicht flüssig hatte, wurden von der kgl. Bank Nürnberg 9.000 Mark zu einem Zinssatz von fünf Prozent als Vorschuss geliehen. Mit dem Schulhausneubau wurde die Pfaffengasse nach Norden bis zum Römergässchen verlängert und ein Weg zum Mädchenschulhaus angelegt.

Der Frühmessgarten, außerhalb des Unteren Tores, ist heute der Spielhof des Kindergartens. Nördlich der Römergasse gab es damals nur Gärten, Äcker und Wiesen. Lediglich das 1875 erbaute Bezirksamt lag an der Staatsstraße nach Aschaffenburg.

2018_10_1 Mädchenschule Ausschnitt

1879 wurde die neue Mädchenschule (Bild links) nach den Plänen des Bauamtsassessors Hauck aus Aschaffenburg errichtet. Der Neubau beherbergte drei Lehrsäle, die mit drei Schwestern besetzt wurden, zwei Elementar- und einer Arbeitslehrerin.

Die Lehrsäle lagen auf der südöstlichen Seite des Gebäudes und waren je 10 m lang, 7 m breit und 3,40m hoch. Dazu kamen drei Zimmer von je 20-22 qm, drei mit je 15 qm, ein Kabinett mit 11-12 qm, eine Küche mit 12-15 qm, zwei Kammern im Dachraum und ein Keller mit 20 qm. 1880 wurde noch ein Pumpbrunnen neben dem Schulhaus gegraben.

Das alte Mädchenschulhaus (Textil-Reichert) versteigerte die Stadt. Die Mädchenschule wurde bis zum Winter 1956/57 mit Kohle (Eierbriketts) geheizt. Im laufenden Schulbetrieb erfolgte dann der Einbau einer Zentralheizung.

2018_10_2 Mädchenschule Eingang Römerstraße Handballer davor 2018_10_3 Mädchenschule 22 Eingang zugemauert

Bei der 1955 erfolgten Erweiterung des Kindergartens durch einen Neubau (Anbau an die Mädchenschule) wurden im Ober-geschoss Wohnräume für die Schwestern geschaffen.

1956/57 gab es unter Bürgermeister Willy Nees und Rektor Josef Michelbach einen umfangreichen Umbau der Schule.

Die frei gewordenen Schwesternwohnun-gen gestaltete man zu Schulräumen bzw. Konferenz- und Bücherräumen um.

Die Eingangstür in der Römerstraße wurde zugemauert. Den neuen Eingang verlegte man auf die Seite in den Hof des Kindergartens.

Weitere Nutzung des Mädchenschulhauses
Nach dem Umzug in die neue Schule auf dem Berg war das Gebäude von 1975 bis 1998 an den Landkreis Miltenberg vermietet, der eine Zweigstelle der Fachoberschule einrichtete. Ab 1998 wurden die Räume für den ausgelagerten Unterricht der städtischen Musikschule, für Krabbelgruppen sowie vom gemischten Chor und dem Musikverein genutzt. Zwischen 1999 und 2005 diente das Gebäude der Dr.-Albert-Liebmann-Schule zur Sprachförderung. Seit 2007 hat nach einem Umbau die Stadtbücherei Obernburg hier ihren Sitz.

Die Knabenschule von 1960
So imposant die 1909 errichtete Knabenschule auch war, den im Laufe der Jahre gestiegenen und zukünftigen Anforderungen an ein modernes Schulhaus genügte sie nicht mehr. Nicht nur die ständig ansteigende Einwohner- und damit Schülerzahl, sondern auch der in den letzten Jahren erheblich ausgebaute Lehrplan machten einen Neubau unumgänglich.

Hatten die Stadtväter anfangs auch einen Anbau als Seitenflügel in Richtung Lindenstraße erwogen, so ließen sie doch schon bald diesen Plan wieder fallen. Diese Lösung wäre einschließlich einer Modernisierung der alten Schule letzten Endes teurer gekommen als der völlige Neubau.

2018_11_1 1959 Abriss alte Knabenschule 2

1959 wurde das alte, noch mit Kohle beheizte Schulgebäude abgerissen. In jedem Klassenzimmer stand ein eigener Ofen.

Für die Schüler begann eine beschwerliche Zeit. Den Unterricht konnte man nicht mehr Wechselunterricht nennen, er wurde zu einem Schichtunterricht. Mehrere Klassen mussten zusammengefasst werden und Schüler und Lehrer litten unter der Raumenge. Selbst im Feuerwehrsaal musste provisorisch unterrichtet werden.

2018_11_2 Schule Lindenstraße Farbe
2018_12_1 Weiler mit Lehrerkollegen

Am 3. September 1960 konnte das für 530.000 Mark erbaute Schul-gebäude eingeweiht werden. Im Main-Echo war zu lesen: „Von räum-licher Bedrängnis ist Obernburg nunmehr befreit. 13 neue Schul-räume (einschließlich Nebenräu-men) entstanden, davon zehn Klassenzimmer, ein Lichtbildraum, Werkraum, Lehrerzimmer und Lehr-mittelzimmer, des weiteren drei Pausenhallen (in jedem Stockwerk eine).

Eine Heizung wurde installiert und jedes Stockwerk bekam seine Toi-letten. Im Keller wurden zudem noch zwei Einzelbrausebäder eingerich-tet.

Erstaunlich war die Tatsache, dass die Grundmauer der neuen Schule nur sieben Meter länger und zwei Meter breiter als die der alten Schule war – und trotzdem standen nun zehn Klassenzimmer gegen vorher vier zur Verfügung.“


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Die Aufnahme zeigt die Lehrerschaft der damaligen Schule, u.a. die Herren Weber, Hold, Michelbach, Priol, Mees, Weiler, die Damen Hold, Fritscher, Kiesewetter sowie Schulschwestern.

2018_12_2 Pfarrer Janik zieht mit Ministranten in neue Schule, Schulhof, Gebrüder Reis, Hexenturm, Fahrradständer
2018_12_5 Blick von Lindenstraße auf Volksschule, Kinder spielen im Schnee, Zaun um Grundstück Gefängnis
2018_12_3 Volksschule Lindenstraße Einweihung, Rektor Michelbach, Pfarrer Janik
2018_12_4 Bild Volksschule Lindenstraße

Bilder von der Einweihung mit Rektor Michelbach und Pfarrer Janik sowie vom Schülertreiben auf dem Pausenhof zu verschiedenen Jahreszeiten.

Bevor 1957 die Mädchenschule renoviert und umgebaut wurde, standen den Obernburger Schülern in der alten Knabenschule fünf Säle und in der Mädchen-schule zwei Unterrichtsräume zur Verfügung.

Die Schulklassen waren konfessionell geschieden. Ab der sechsten Klasse fand der Unterricht für die Buben und Mädchen getrennt statt. Jede Klasse besaß ihren eigenen Saal.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass nicht nur Obernburger Kinder die Schule in der Kreisstadt besuchten, sondern auch die evangelischen Schüler der Gemeinde Elsenfeld und alle Kinder, die bei den Glanzstoffwerken, also auf Erlenbacher Gemeindegebiet, wohnten.

1963 begann eine Debatte wegen der Erweiterung der Volksschule. Rektor Weber berichtete dem Stadtrat, dass in elf Klassenräumen 403 Kinder unterrichtet werden. Wegen der Erschließung der beiden Neubaugebiete „Obernburg-Nord“ und „Eisenbacher Straße“ werde die Bevölkerung von Obernburg um über 2.000 Einwohner wachsen und deshalb sei mit etwa 300 Schülern mehr zu rechnen. Weber schlug vor, „bevor es zu unerträglichen Verhältnissen (u. a. Schichtunterricht)“ an der Volksschule komme, ein neues Schulhaus zu planen.

1968 war die Schulraumnot schließlich nicht mehr zu übersehen. Die Bezirksregierung lehnte Ende 1968/Anfang 1969 eine Erweiterung der Schule im Stadtzentrum ab. Am 8. Mai 1969 fasste der Stadtrat den Beschluss: „Die Schule wird nicht erweitert, sondern neu auf dem Berg gebaut“.

Konfessionsschule/Christliche Gemeinschaftsschule
Die Regierung von Unterfranken löste mit Rechtsverordnung vom 30.5.1969 die katholische Bekenntnisschule Obernburg auf und errichtete die Volksschule Obernburg am Main. Bis dahin waren die Schulklassen konfessionell getrennt.

Weitere Nutzung Knabenschulhaus
Das 1960 erbaute Knabenschulhaus wurde nach dem Auszug von 1975 bis 1998 als Fachoberschule bzw. Berufsoberschule genutzt. Seit den 1990er Jahren ist das Gebäude in das Seniorenzentrum integriert.

Heinz Janson