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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Der Nothelferaltar in der Annakapelle

Drei Altäre, alle gegen Ende des 18. Jh. in der Obernburger Sankt-Anna-Kapelle errichtet, gehörten 200 Jahre lang zur Innenausstattung der Kapelle. In den letzten Jahrzehnten hat man davon zwei barocke Altaraufbauten entfernt, ließ erfreulicherweise aber den Altar der 14 Nothelfer in seiner ursprünglichen Form erhalten. (Vielleicht hat einer der 14 Heiligen rechtzeitig ein Veto gegen den Abbruch eingelegt). Der Altar zeigt in der Mitte Christus um den die 14 Nothelfer gruppiert sind, als Sinnbild für die “Vermittlerrolle” der Nothelfer zwischen den Gläubigen und Christus.
Als 1991 die Figürchen am 14-Nothelfer-Altar der Sankt-Anna-Kapelle von den zwei Restauratorinnen Christel Matthis aus Erfurt und Christiane Thiel aus Potsdam gründlich von Ruß und Schmutz gereinigt und ausgebessert wurden, übernahm auch der Heimat- und Verkehrsverein die “Patenschaft” für eine der Figuren. Die Figuren sollten wieder in den Urzustand versetzt werden, was sich zum Teil sehr schwierig gestaltete, da an manchen Figuren im Laufe der Zeit “Schönheitsreparaturen” vorgenommen worden waren. Der Körper der Figuren besteht aus Holz, auf das eine Grundierung aus Kreide und Leimwasser aufgetragen wurde. Erst danach wurde mit Farbe gearbeitet. Der Altar stammt von dem Schreiner Armbruster aus Großostheim, die Figürchen wurden geschnitzt von Peter Vambach aus Erlenbach bei Marktheidenfeld.

Während über die sicherlich wertvolleren und auch größeren Figuren in der Sankt-Anna-Kapelle, angefangen von der Pieta bis zur Figur des Hl. Rochus, mehrere Veröffentlichungen existieren, werden die Figuren des Nothelfer-Altares nur wenig beschrieben. 1999 hat das “Main-Echo” zwar sämtliche 14 Nothelfer in der Tageszeitung vorgestellt, doch ist zu vermuten, daß die wenigsten Obernburger diese Artikel aufbewahrt haben und daß so manches von dem Inhalt dieser Beschreibungen wieder in Vergessenheit geraten ist.In den “Obernburger Blättern 2001” wollen wir deshalb das Leben (häufig legendär) aller 14 Nothelfer kurz beschreiben und die Attribute bzw. Darstellungsformen der Heiligen aufzeichnen.

1. Reihe von oben (von links)

Annakapelle Nothelfer1

Erasmus
In der Sankt-Anna-Kapelle ist er dargestellt als Bischof mit Mitra.
Nach der Legende war Erasmus um 300 Bischof von Antiochien (Syrien) Wegen seines Glaubens wurde er verfolgt und gefoltert. Im südlichen Europa wurde er schon früh als Patron der Seefahrer verehrt. Er gilt aber auch als Patron der Seiler und Drechsler und wird angerufen bei Unterleibserkrankungen und Koliken. 303 oder 310 soll er in Formia, in Italien gestorben sein. Da Erasmus auch als Patron der Seefahrer gilt, wird er häufig auch mit einer Ankerwinde und Tauen in der linken Hand dargestellt. Leider fehlt aber diese Hand bei der Figur.

Georgius
Die Figur zeigt Sankt-Georg als Drachenbezwinger.
Es ist ziemlich sicher, daß Georg aus Kappadokien (Türkei) stammt Er war Soldat und bekennender Christ, weswegen er auch um 304 im heutigen Israel enthauptet worden ist. Sehr früh entstand eine starke Verehrung; unzählige Georgskirchen wurden errichtet. Sankt-Georg ist Patron Englands, aber auch des Bistums Limburg und zahlreicher Ritterorden. Nach der Legende wurde Kappadokien von einem Drachen tyrannisiert, dem täglich 2 Schafe zur Besänftigung geopfert werden mußten. Als alle Schafe geopfert waren, verlangte das Ungeheuer Menschenopfer. Das Los fiel auf die Tochter des Königs, die den Opfergang in Brautkleidung antrat. Da aber griff Georg den Drachen mit einer Lanze an, verletzte ihn schwer und führte ihn angekettet vor das Volk. 15.000 ließen sich taufen, nachdem er das Ungeheuer getötet hatte. Leider fehlt auch bei dieser Figur die linke Hand, die nach üblicher Darstellung einen Speer oder eine Lanze führt.

Blasius
Die Figur zeigt Sankt-Blasius als Bischof mit Mitra.
Nach der Legende war Blasius Bischof von Sebaste in der Türkei. Unter Diokletian wurde er gefoltert und schließlich enthauptet. Zur Zeit der Christenverfolgung versteckte er sich im Wald, heilte und segnete Tiere. Als er entdeckt wurde, warf man ihn ins Gefängnis, wo er einen Jungen vor dem Ersticken an einer Fischgräte rettete. Seit dem 16. Jh. etwa gibt es den Blasiussegen. Sankt-Blasius ist Schutzpatron der Ärzte, aber auch der Schuhmacher, Maurer, Bäcker u.a. Er wird angerufen bei Halsleiden, Husten und Zahnschmerzen u.a.m. Die Haltung der linken Hand läßt vermuten, daß die Figur einmal etwas in der Hand hielt, vielleicht eine Kerze oder einen Bischofsstab.

 

2. Reihe von oben (von links)

Annakapelle Nothelfer2

Christophorus
In der Obernburger Sankt-Anna-Kapelle ist er dargestellt als großer Mann auf das Kreuz gestützt. (Am häufigsten wird er dargestellt als Riese, das Christuskind auf den Schultern und durch das Wasser watend).
Von Christophorus weiß man gesichert, daß er vor 454 gelebt hat, da ihm 454 bereits eine Kirche in Chalkedon (Griechenland) geweiht wurde. Es gibt verschiedene Legenden. Am bekanntesten ist wohl, daß er als riesengroßer Mann an einem Fluß Pilger auf seinen Schultern von einem Ufer zum anderen trug. Eines Tages trug er ein Kind, das immer schwerer wurde und sich schließlich als Jesus zu erkennen gab und ihn taufte. Um die Mitte des 3. Jh. soll er den Martertod in Kleinasien erlitten haben. Er ist u.a. Patron der Kraftfahrer, der Schiffer, Pilger und Athleten; sowie gegen Pest und Seuchen, gegen Wasser- und Feuergefahren und gegen Zahnschmerzen.

Vitus
Sankt-Vitus - bei uns besser bekannt unter dem Namen Sankt-Veit - ist einer der meist verehrten Heiligen. Seine Reliquien gelangten an verschiedene Orte in Europa, so vor allem nach Prag (Haupt), wodurch der Sankt-Veitsdom in Prag einen besonderen Bekanntheitsgrad erreichte. Sankt-Vitus ist dargestellt als Junge in vornehmer Kleidung. Es ist anzunehmen, daß die Obernburger Figur - so wie Sankt-Vitus häufig dargestellt wird - ursprünglich in der fehlenden linken Hand einen kleinen Kessel trug.
Sankt-Vitus kam auf Sizilien als Sohn heidnischer Eltern zur Welt, wurde aber von einer christlichen Amme erzogen. Unter Diokletian starb er um 304 den Martertod. Neben anderen Qualen wurde er mit siedendem Öl übergossen. Eine Lebensgeschichte erzählt, daß er gerade 7 Jahre alt geworden ist. Er ist der Patron mehrerer deutscher Städte und Länder und auch natürlich von Prag und Böhmen. Die Gastwirte, Apotheker, Bierbrauer, Schmiede und noch viele andere Berufe haben ihn zum Schutzpatron gewählt.

Cyriacus
Er wird dargestellt als Diakon mit einem Dämon zu Fuße. Der Figur fehlt der linke Arm. Auch die Palme, oder das Schwert, in der rechten Hand (so wird er üblich dargestellt) ist offensichtlich verloren gegangen. Nach der Legende war Cyriacus Erzdiakon von Papst Marcellinus in Rom. Unter Diokletian wurde er gefangen genommen und zur Zwangsarbeit in Roms Lehmgruben verurteilt. Um 304 wurde er gefoltert und schließlich ermordet. Er ist Patron der Zwangsarbeiter und wird angerufen gegen Besessenheit und in der Sterbestunde.

Achatius
Die Darstellung in der Sankt-Anna-Kapelle ist eigentlich untypisch. Üblich ist die Darstellung als Edelmann oder Soldat mit Dornenzweig, Kreuz oder Schwert. Hier ist er dargestellt als Edelmann, der einen Dämon an einer Kette führt. Diese Darstellung gilt üblicherweise für Sankt- Cyriacus. Die Legende erzählt, daß Achatius Soldat im Heere von Kaiser Hadrian gewesen sei. Wegen seines christlichen Bekenntnisses wurde er zusammen mit weiteren 10.000 Soldaten mit Dornenzweigen ausgepeitscht und dann ermordet. Er wird verehrt als Patron gegen Zweifel, Todesängste und Krankheiten..

3. Reihe von oben (von links)

Annakapelle Nothelfer3

Dionysius
Darstellung als Bischof mit dem abgeschlagenen Haupt in der Hand.
Auch das Leben und Sterben dieses Heiligen ist legendarisch. Dazu kommt, daß es mehrere Heilige mit diesem Namen gibt, wobei es auch zu Verwechslungen und Vermischungen kam. Dionysius war der 1. Bischof von Paris und hat dort zusammen mit anderen um 258 den Martertod gefunden. In der Kathedrale Sankt-Denis in Paris ruhen seine Reliquien. Er ist Frankreichs Nationalheiliger. Die Legende besagt, daß er enthauptet wurde und daß er nach der Hinrichtung auf einem Hügel außerhalb von Paris sein Haupt genommen und bis zu seiner Grabstätte getragen habe. Er ist Patron der Schützen, gegen Kopfschmerzen und gegen Tollwut.

Eustachius
Darstellung in Jägerkleidung mit einem Hirschen zu seinen Füßen.
Die Figur ist unvollständig. Wenn Sankt-Eustachius auf diese Art dargestellt wird, dann trägt der Hirsch immer ein Kreuz zwischen dem Geweih. Eustachius war zuerst römischer Offizier und eifriger Christenverfolger. Als ihm auf einer Jagd ein Hirsch mit einem hellen Kreuz zwischen dem Geweih erschien, ließ er sich mit der ganzen Familie taufen. Kaiser Hadrian ließ in nach Rom rufen, wo er im Jahre 118 gemartert und getötet wurde. Eustachius ist Patron der Jäger, Krämer und Klempner. Er wird um Hilfe gebeten bei Unglück in der Familie und gegen schädliche Insektenstiche.

Ägidius oder Egid
Darstellung als Einsiedler mit einer Hirschkuh.
Bei der Figur fehlt allerdings ein Teil des linken Beines. Auch bei dieser Figur kann angenommen werden, daß sie einmal einen (Abt?)-Stab in der linken Hand hielt. Ägidius ist der einzige Nothelfer, der kein Martyrium erlitt. Er war Athener, pilgerte aber nach Frankreich und lebte als Eremit bei Arles in Südfrankreich. Nach der Legende besuchte ihn täglich eine Hirschkuh und ernährte ihn mit ihrer Milch. Während einer Jagd wollte der König diese Hirschkuh jagen, verletzte versehentlich dabei aber den Einsiedler. Als Wiedergutmachung ließ der König an dieser Stelle das Kloster Saint Gilles errichten, das an der Pilgerstrasse nach Santiago de Compostela liegt und in dem Ägidius der 1. Abt wurde. Er ist Patron vieler Städte und Regionen, der Jäger, Hirten und Pferdehändler und wird u.a. bei Trockenheit, Feuer und Sturm angerufen.

Pantaleon
Dargestellt als jugendlicher Mann mit den am Kopf festgenagelten Händen.
Er war Leibarzt des Kaiser Maximian und behandelte viele andere Patienten umsonst - nur im Namen Christi. Von anderen Ärzten wurde er beim Kaiser verleumdet Nach verschiedenen Martern, die ihm alle nichts antun konnten, wurde er an einen Ölbaum gefesselt, seine Hände wurden ihm auf sein Haupt genagelt, danach wurde er enthauptet. Im Osten ist er einer der meistverehrten Heiligen. Er ist Patron der Ärzte und Hebammen und wird um Hilfe gerufen bei Kopfschmerzen und Auszehrung aber auch gegen Viehkrankheiten und bei Verlassenheit.

Unterste Reihe (von links)

Annakapelle Nothelfer4

“Die Margareta mit dem Wurm
Die Barbara mit dem Turm
Die Katharina mit dem Radl
Das sind die 3 heiligen Madl”

Barbara
Dargestellt in einem vornehmen langen Kleid mit einem Turm vor ihren Füßen.
Bei vielen Darstellungen hält sie in der linken Hand auch einen Kelch mit Hostie oder eine Fackel. Nach der Haltung der Hand ist nicht auszuschließen, daß auch die Obernburger Figur einmal etwas in der Hand hielt. Nach der Legende lebte sie im 3. Jh. in Nikomedien. Als Barbaras Vater erfuhr, daß seine Tochter sich zu einer Gruppe von Christen hingezogen fühlte, ließ er einen Turm bauen und die Tochter darin einsperren. Barbara aber ließ sich taufen. Nach schweren Misshandlungen wurde sie auf Befehl des Statthalters um 306 von ihrem eigenen Vater enthauptet. Sie gilt u.a. als Patronin der Bergleute, Architekten, Dachdecker, Glockengießer.

Margareta
Darstellung als vornehme Frau mit einem Drachen zu ihren Füßen.
Nach der Legende wurde sie von ihrer Amme im christlichen Glauben erzogen. Da sie sich weigerte den heidnischen Statthalter zu heiraten, ließ dieser sie furchtbar martern. In einen Kerker geworfen ließ ein Drachen von ihr ab, als sie das Kreuzzeichen machte. Ob dieser und weiterer Wunder ließen sich viele Heiden taufen. Um 307 wurde sie enthauptet. Sie ist Patronin der Jungfrauen aber auch der Gebährenden und hilft gegen Unfruchtbarkeit.

Katharina
Dargestellt als junge Frau mit einem defekten Rad, das mit Nägeln oder Messer besetzt ist.
Sie gehört nach wie vor zu den meist verehrten Heiligen der 14 Nothelfer, obwohl sie seit 1969 im Kalender der katholischen Kirche wegen des ungesicherten Lebenslaufes nicht mehr geführt wird. Nach der Legende ließ sich die sehr schöne aber auch sehr stolze Königstochter nach der Begegnung mit einem Eremiten taufen. Sie überzeugte sogar 50 Gelehrte zum Christentum. Der römische Kaiser Maximius Daja ließ Katharina daraufhin grausamen Martern unterziehen. Unter anderem band man sie mehrmals auf ein Rad, das aber immer wieder zerbrach. Oder man spannte sie zwischen Räder, die mit Nägeln und Messern besetzt waren – doch sie gesundete wieder. Letztlich wurde sie enthauptet. Sie ist die Patronin vieler Städte und Gemeinden vor allem in der Schweiz. Sie gilt als Fürsprecherin der Frauen, aber auch der Lehrer und Studenten. Auch ist sie Patronin aller Handwerksberufe, die mit einem Rad zu tun haben

Erfreulicherweise haben in allen Generationen Obernburger Bürger mitgeholfen, die Bausubstanz und auch viele Kunstgegenstände der Sankt-Anna-Kapelle zu erhalten, wenngleich so manches, was z.B. noch vor 80 Jahren beschrieben wurde, heute nicht mehr vorhanden ist. Es wäre schön, wenn die z.T. beschädigten Figuren des Nothelfer-Altares durch die Mithilfe von Obernburgern wieder in den ursprünglichen Zustand gebracht werden könnten.

Franz Maier