Wie entstand Obernburgershausen? Nach dem Abzug der Römer war das Maintal vermutlich durch den großen Holzbedarf der Kastelle über weite Strecken entwaldet. Die nachrückenden germanischen Stämme nutzten in der Völkerwanderungszeit für ihre Siedlungen die Kastelldörfer, brauchten aber für ihre extensive Viehweidewirtschaft große Wiesen und Weiden. Diese fanden die frühen „Obernburger“ um ihren Ort, aber auch auf der gegenüberliegenden Mainseite, wenn auch der dortige sandige Boden nur wenig Anreiz für weitere landwirtschaftliche Nutzung bot. Obernburger gründeten wahrscheinlich so eine Tochtersiedlung auf der rechten Mainseite. Im Jahre 1248 wurde der Ort „Husen“ erstmalig im Koppelfutterregister des Aschaffenburger Stifts genannt. Um es von anderen „Hausen“-Orten zu unterscheiden, nannte man es entweder „Obernburgershausen“ oder wegen der Lage am Main „Mainhausen“. Bald gehörte die Ansiedlung zur Zent zur Eich, Obernburg aber zum Bachgau. Mainhausen grenzte seine eigene Gemarkung zu den umliegenden Orten ab. Trotzdem gab es noch vielfältige Obernburger Nutzungsrechte auf der Mainhausener Gemarkung, wie z. B das Jagdrecht und das Holznutzungsrecht in den Wäldern.
Wann wurde das Dorf „wüst“? Seit etwa dem Jahre 1300 tagte an der Obernburger Fahr, am Landeplatz der Obernburger Fähre (neben der Gaststätte „Zur alten Mainbrücke“), im Mai das Hubgericht, wo Streitsachen zwischen der Herrschaft und Untertanen, wie Leibzins, Frondienste, Grundstücksstreitereien oder Erbschaftssachen verhandelt wurden. Erstmals wurden im Jahre 1578 Obernburger Vierrichter erwähnt, die auf der Mainhausener Gemarkung an Stelle von Mainhausener Genossen auftraten. Das lässt den Schluss zu, dass die Bauerngüter bereits damals aufgegeben waren und die Felder von den auswärtigen Obernburgern, Elsenfeldern oder Schippachern als Pächter bewirtschaftet wurden. Kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg erschien 1614 in den Akten eine Notiz, dass Mainhausen schon lange „wüst“ geworden sei. Das bedeutet, dass diese Ansiedlung viele Jahre vor dem in der Sage erwähnten Krieg, aber möglicherweise infolge von Kriegswirren des 16. Jahrhunderts von den Bewohnern verlassen wurde und untergegangen ist. Der Name Mainhausen wurde bald in Urkunden mit einem Kreuz wie bei einem Verstorbenen versehen. Die eigenständige Gemarkung blieb aber zunächst noch lange erhalten und wurde sogar mit Grenzsteinen markiert.
Obernburger Krawalle wegen Rechte in Mainhausen Obernburg erhob in dieser Zeit öfters den Anspruch, die „Mainhäuser Mark“ an sich zu ziehen. Die Obernburger hatten Jagdrechte, Holznutzungs- und Streunutzungsrechte seit urdenklichen Zeiten. Obernburger Vierrichter waren regelmäßig bei den Grenzgängen dabei, aber auch Jäger gingen in den MainhauMainhausener Wäldern auf die Jagd. Einen ernsten Vorfall erzählen die Akten aus dem Jahre 1735. Der Erlenbacher Jagdgehilfe Michael Rothenbücher stieß auf dem Dammsfeld auf vier Obernburger „Wildschützen“. Er stellte sie zur Rede und rief den Dammshofbauern zur Hilfe. Diese aber wurden von den Obernburgern mit Erschießen bedroht. Der Dammshofbauer rief Elsenfelder Helfer herbei, worauf die Obernburger sich über die Fähre zurückzogen. Um Mitternacht kehrten aber die Obernburger mit Verstärkung zurück, belagerten den Hof und drohten mit „Massakrierung“. Unter Beschimpfungen erklärten sie, dass allein Obernburg das Recht auf die Jagd im Forst zustehe. Wenige Wochen später demonstrierten nochmals über 100 Leute aus Obernburg, die unter der Führung angesehener Ratsherrn waren, bei einem Gang durch den Forst nach Schippach für ihren Anspruch. Diesmal schlugen die Behörden des Mainzer Kurstaates schnell zu und setzten die Rädelsführer in Aschaffenburg fest. Diese kamen zwar bald gegen Kaution frei. Aber das Urteil der Mainzer Gerichtsinstanzen im Jahre 1740 verfügte eindeutig, dass den Obernburgern kein Jagdrecht oder sonstige Waldrechte auf Mainhausener Gemarkung mehr zustehen sollten.
Erlenbach und Elsenfeld teilen sich die Mainhausener Gemarkung Als nach den Menschenverlusten des Dreißigjährigen Krieges die Bevölkerung wieder in den Maintalorten zunahm, erschloss die Stadt Obernburg ab dem Jahre 1711 durch Rodungen die Hochfelder auf dem lehmreichen Stadtberg. Das Interesse an den sandigen, ertragsarmen Böden Mainhausens ließ dadurch nach.
Auf der anderen Mainseite regten die Mainzer Behörden in Elsenfeld und Erlenbach an, die teilweise brach liegenden Ackerflächen intensiver landwirtschaftlich zu nutzen. Die Mainhausener Gewannen wurden gleichmäßig in 24 Ackerstreifen gespalten und an ebenso viele Bauern verteilt. Hierbei kamen mehr als drei Viertel des Bodens an Erlenbacher und ein knappes Viertel an Elsenfelder Landwirte. Im Jahre 1833 wurden von der bayerischen Regierung nach langen Gerichtsverfahren die Mainhausener Felder zwischen den Gemeinden Erlenbach und Elsenfeld endgültig aufgeteilt und eine gemeinsame Gemeindegrenze festgelegt. Den Forst übernahm das Königreich Bayern als gemeindefreies Gebiet. Nach fast hundert Jahren zeigte sich beim Betrieb der Glanzstoffwerke der Vorteil dieser Gemarkungsaufteilung besonders für Erlenbach bei den Steuereinnahmen:
Obernburg gibt der Glanzstoff den Namen, Elsenfeld hat den Gestank und Erlenbach bekommt das Geld.
Helmut Wörn
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