Organisatorische Anordnungen für das Flüchtlingswesen Am 19. Februar 1946 wurde vom Landrat und dem Flüchtlingskommissar ein Merkblatt für das Flüchtlingswesen veröffentlicht. Im Wesentlichen handelte es sich um Richtlinien zur Registrierung, Verpflegung und ärztlichen Betreuung.
Unter dem Sammelnamen „Flüchtlinge“ wurden alle bezeichnet, die seit Kriegsbeginn in Auswirkung des Krieges zugezogen waren, also Evakuierte, Bombengeschädigte und Ausgewiesene. Nachfolgend sind auszugsweise die wichtigsten Punkte des Merkblattes zusammengefasst:
Flüchtlingsbericht: Er ist 14-tägig zu erstellen.
Flüchtlingsmeldung: Sie ist anhand eines Formblattes von Fall zu Fall mit folgenden Angaben zu erstellen:
- Familienname und Vorname
- Geburtsdatum und Geburtsort
- Letzter Wohnort
- Regierungsbezirk bzw. Provinz
Als bekannt wird vorausgesetzt, dass grundsätzlich jeder Zuzug ohne schriftliche Zuzugsgenehmigung verboten ist.
Gemeinschaftsverpflegung: Bedingt durch die Tatsache, dass die Flüchtlinge infolge fehlender Wirtschaftsartikel nicht in der Lage sind selbst zu kochen, ist eine Gemeinschaftsverpflegung vorgeschrieben. Die zur Gemeinschaftsverpflegung erforderlichen Lebensmittel werden zum Teil vom Verpflegungslager in Aschaffenburg zur Verfügung gestellt. Es handelt sich hierbei um kostenlose Anlieferung von Butter, Margarine, Nährmittel, Kaffee-Ersatz, Zucker, Marmelade und Käse. Die restlichen Lebensmittel wie Brot, Fleisch, Kartoffeln und Milch sind in den Gemeinden zu beziehen. Die entstandenen Kosten werden vom Bürgermeister erstattet. Er reicht die Rechnungen zur weiteren Vergütung an das Landratsamt ein. Als Backlohn für 1 kg Brot wurden 0,08 Reichsmark (RM) angerechnet.
Die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung ist für Flüchtlinge kostenlos. Ein Entgelt von 0,50 RM/Tag ist nur von Teilnehmern zu erheben, die in Arbeit stehen. Ein Ausscheiden von der Gemeinschaftsverpflegung ist nur dann möglich, wenn die Flüchtlinge in der Lage sind sich selbst zu versorgen. Die Ausgabe der Verpflegung erfolgte in der Stadthalle oder im Gasthof "Hirschen". Anzumerken ist, dass bis zur Währungsreform 1948 die wichtigsten Nahrungsmittel begrenzt verfügbar waren und zum Teil nur anhand von Lebensmittelmarken bezogen werden konnten.
Vertrauensmann: Wahl eines Vertrauensmannes unter den Flüchtlingen, der als Vermittler zwischen dem Bürgermeister und dem Flüchtlingskommissar fungiert.
Ärztliche Betreuung: Ab dem 18.10.1945 wurden die Flüchtlinge in eine Krankenversicherung aufgenommen. Die Apothekenkosten waren für Personen ohne Einkommen kostenlos. Für die ärztliche Betreuung wurde 1946 der Amtsarzt in Elsenfeld benannt.
Beschaffung von Wohnraum Bereits 1944 mussten 550 nicht ortsansässige Personen in Obernburg untergebracht werden. Seitens der Regierung wurde 1943, in Erwartung der kommenden Evakuierungsmaßnahmen und Flüchtlingsbewegungen, die Erstellung von so genannten Behelfsheimen durch Privatpersonen auf eigenem Grund und Boden gefördert. Sie waren eingeschossig und wurden auf einer betonierten Bodenplatte aus Betonfertigteilen erstellt. Die Lieferung der Fertigteile erfolgte gegen Bezugsschein. Jedes Heim verfügte über vier bewohnbare Räume.
Auch in Obernburg wurden, ohne besondere Baugenehmigung, kurzfristig insgesamt 7 Behelfsheime in folgenden Straßen erstellt.
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