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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Obernburg

Meine Darstellung der Geschichte der ev.-luth. Kirchengemeinde Obernburg stützt sich auf Festschriften, mündliche Berichte und eigenes Erleben.

Im Vergleich zu den ev.-luth. Enklaven Kleinheubach, Eschau und Hofstetten blickt die Obernburger ev. Kirchengemeinde auf eine relativ kurze Geschichte von ca. hundert Jahren zurück, abgesehen von den wenigen Protestanten seit 1825. Meine Tante, Margarethe Frey, erzählte mir, dass sie 1910 nicht in Obernburg konfirmiert werden konnte. Sie musste wie zwei ihrer älteren Brüder im ev. Pfarrhaus in Eschau bei Pfarrer von Loeffelholz den Konfirmandenunterricht besuchen. Dazu mussten sie jeden Samstag nach Eschau wandern und sie waren froh, wenn ein Bauer sie hin und wieder auf seinem Fuhrwerk unterwegs mitnahm. Bei schlechtem Wetter übernachteten sie im Pfarrhaus und gingen erst am Sonntag nach Hause zurück. Da sie durch ihre Konfirmation in Eschau zur dortigen Kirchengemeinde zählten, sind heute noch die Namen der im 1. Weltkrieg gefallenen Brüder (18- und 20-jährig) Georg und Franz Frey auf den Gedenktafeln der Gefallenen des 1. Weltkriegs in der Eschauer Epiphanias-Kirche zu finden.

In der Osterzeit 1911 empfingen 33 Gemeindeglieder aus Obernburg und Umgebung das heilige Abendmahl, 1923 sind es schon 47 und 1927 bereits 56 Gemeindeglieder. 1936 wird die Tochterkirchengemeinde Obernburg mit der Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gebildet. Am 2.7.1937 wird die erste protokollierte Kirchenvorstandssitzung unter Leitung von Pfr. Neumann aus Eschau abgehalten. Ein „Ev. Gemeindeverein“ sammelt Geld zum Bau einer Kirche. Die leitenden Männer des „Gemeindevereins“ sind die Herren Dr. Kilian (Vorstand), Gebhardt (Kassier), Koeppel (Schriftführer), Perschbacher und Schieck; Ersatzmänner: Dr. Klemm, Schmidt und Schneider.

Im Oktober 1938 stellt die Stadt Obernburg anstelle des bisherigen und nunmehr zu räumenden Betsaals der ev. Kirchengemeinde im 1. Stock des Bezirksamtgebäudes einen Saal zur Abhaltung von Gottesdiensten zur Verfügung. Nachdem erste Verhandlungen zum Erwerb eines Kirchenbauplatzes noch keinen Erfolg zeigten, werden im Lauf des Jahres 1939 zwei Grundstücke in der Bergstraße für die Kirche erworben (die Bilder zeigen Pläne von 1937 für einen Kirchenbau).

Im Jahr 1939 finden sieben Taufen, eine Trauung und acht Beerdigungen statt. Sechs Jugendliche wurden konfirmiert und 56 Gemeindeglieder empfangen in der Osterzeit das hl. Abendmahl. Nachdem 1940 der Gottesdienst nicht mehr im Bezirksamtsgebäude abgehalten werden kann, stellt Frau Müller in ihrer Gastwirtschaft „Zum Hirschen“ hierfür einen Saal zur Verfügung.

Ab 4. August 1940 finden die Gottesdienste in der „Wendelinuskapelle“ am Neuen Weg statt, die die kath. Kirchengemeinde mit Genehmigung des bischöflichen Ordinariats zur Verfügung stellte. Wie Gisela Otto, die jüngere Tochter unseres Pfarrers Wilhelm Otto, in der Festschrift von 1981 schreibt, waren die Gottesdienste in der Wendelinus-Kapelle mit Schwierigkeiten verbunden: „Die Wendelinus-Kapelle bietet nur etwa 20 Gemeindegliedern Platz. Viele Gottesdienstbesucher stehen während der gottesdienstlichen Feiern außerhalb der Kapelle und spannen bei Regen und Schnee den Schirm auf. In der Kapelle ist es im Winter trotz eines kleinen Ofens eisig kalt. Rattern Autos vorbei, sind die Worte des Pfarrers nicht immer zu verstehen.“ 2)

Da die ev. Kirchengemeinde Obernburg bisher noch keinen eigenen Pfarrer hat, wird sie von Pfr. Lembke aus Hofstetten und auch von Pfr. Backert aus Eschau (Mutterkirchengemeinde) betreut. Die Wendelinus-Kapelle verfügte über keinen zusätzlichen Raum für Sprechstunden des Pfarrers anlässlich Trauungen, Taufen, Anmeldungen zur Konfirmation, Beerdigungen etc., deshalb geschah dies bis ca. 1949 oft in unserem Wohnzimmer. Mitunter zogen sich diese Gespräche länger hin, so dass meine Mutter nervös war, wurde doch dadurch das gemeinsame Mittagessen im Wohnzimmer verzögert bzw. wir aßen in der Küche. 2)

Mit Beginn des Schuljahres 1946/47 wird eine ev. Bekenntnisschule in Obernburg gebildet, die von Kindern aus Obernburg und Elsenfeld besucht und von Lehrer Julius Neupauer geleitet wird. Man mag darüber denken wie man will, aber die Bekenntnisschule hat m. E. das Zusammenleben der kath. und ev. Bürger, und vor   allem das der Kinder, nicht gefördert; mancher/manche Schüler/In erinnert sich sicher noch an Zwistigkeiten und verbale Äußerungen, aber auch an freundschaft-liche und gemeinsame sportliche Begebenheiten. Um zu zeigen, dass Kinder verschiedenen Bekenntnisses miteinander auskommen und unwissentlich die Gepflogenheiten der „Katholischen“ damals nachahmten, möchte ich hier eine kleine Episode anfügen. Aus meiner Nachbarschaft kannte ich fast nur kath. Freunde/Freundinnen, die es gewohnt waren, wenn sie dem damaligen Kaplan auf der Straße begegneten, einen Knicks bzw. einen „Diener“ zu machen, ihn mit „Gelobt sei Jesus Christus“ zu begrüßen und ihm die Hand zu reichen. Mir gefiel das im Alter von ca. sechs bis acht Jahren, zumal der Kaplan zu uns immer sehr freundlich war, und ich begrüßte ihn deshalb genauso.

Im Sommer 1948 sind durch die Währungsreform die für den Kirchenbau bereit gestellten Geldmittel auf eine unbedeutende Summe zusammenge schmolzen.

Dies wog umso schwerer, da durch die Inflation von 1923 das für den Kirchenbau gesammelte Geld schon einmal verloren gegangen war.

Pfarrer Wilhelm Otto, der erste gemeindeeigene ev. Pfarrer, wird am 4.9.1949 in der Wendelinus-Kapelle in sein Amt eingeführt. Von nun an findet jeden Sonntag   (bisher 14-tägig) Gottesdienst mit anschließendem Kindergottesdienst statt.

 Außerdem wird mit wöchentlichen Bibelstunden begonnen, ebenso im schon bestehenden Mütterverein Elsenfeld, aber 14-tägig. Seelsorgerlich betreut werden von Obernburg aus die Gemeindeglieder in Eisenbach, Mömlingen und in der Glanzstoff-Kolonie, und in Mömlingen finden Gottesdienste 14-tägig in einem Schulzimmer statt.

Gisela Otto schreibt über diesen Anfang in Obernburg: „Es ist wohl „reizvoll“, in einer Gemeinde am „Nullpunkt“ zu beginnen, aber die Aufbauarbeit ist ohne die selbstlose Mitarbeit der Gemeindeglieder, im Vertrauen auf Gottes Segen, nicht möglich! „Nullpunkt“? Das heißt: Keine Kirche, kein Gemeindehaus, kein Pfarrhaus – aber kein „Nullpunkt“ in der Gemeinde! Das erste Jahr ist für den neu ernannten Pfarrer besonders schwer. Keine Wohnung am Ort, jeden Tag Heimfahrt - natürlich mit der Eisenbahn - in den 20 km weit entfernten Wohnort der Familie. Sprechstunden und Aufenthalt in den Zwischenstunden zwischen Religions- und Konfirmandenunterricht finden in der Wohnung eines Gemeindegliedes statt.“ 2)

Zur ersten Kirchenchorprobe am 30.1.1950 finden sich Sänger/Innen unter Leitung von Frau Kühn-Lok in der Wohnung von Frau Hain (Im Tiefental) zusammen. Seitdem ist der Kirchenchor, heute vereint mit dem der evang. Kirche Erlenbach, Tradition, bereichert den Gottesdienst an Festtagen, gibt Kirchenkonzerte und wird heute nach vielen Vorgängern/Innen von Herrn Sosnowsky geleitet.

Für Mömlingen wird der Bau einer Kapelle am 24.4.1950 beschlossen, die am 10. September des gleichen Jahres mit einem Festgottesdienst eingeweiht und in den 80er Jahren erweitert wird. Im Juli 1950 beschließt der Kirchenvorstand den Bau einer eigenen evang. Kirche in Obernburg. Das Grundstück in der Bergstraße wird verkauft und, wie sich später bei der Sanierung der Kirche herausstellte, ein mit geologischen und statischen Problemen verbundener Bauplatz am Oberen Neuen Weg an der Friedenseiche erworben. „Der Platz oberhalb der Friedenseiche erscheint … anfänglich etwas „einsam“, wird doch die Kirche „außerhalb“ des Ortes gebaut, einsam am Berg! Wer hätte damals geglaubt, dass die Kirche in 30 Jahren „mitten“ in der Stadt Obernburg steht und an die Wendelinus-Kapelle, die dem Verkehr weichen musste, nur noch ein Gedenkstein erinnert.“ 2)

Bereits am 16.9.1950 erfolgt der
1. Spatenstich und am 8.10.1950
die Grundsteinlegung.

 

Das Altarbild „Abendmahl“ und den „Kruzifixus“ malte
Richard Reis aus Obernburg.

„Die Freude, bald ein eigenes Gotteshaus zu haben, lässt alle Gemeindeglieder mithelfen – und vielerlei Hilfe wird gebraucht. Der Aushub für den Kirchenbau wird unter sachkundiger Leitung mit Spaten, Hacke und Pickel fast allein von den Gemeindegliedern bewältigt. Neben dem Rentner steht die junge Frau, neben dem Schüler – nach verdientem Feierabend und an den Wochenenden – die berufstätigen Männer und Frauen.“ 2) Nach kurzer Bauzeit erfolgt an Christi Himmelfahrt, 3.5.1951, die feierliche Einweihung durch Oberkirchenrat Koch, Ansbach, und Dekan Kaessler aus Aschaffenburg.

 

„Eine Orgel gäbe einen volleren Klang zur Begleitung des Gemeindegesanges – aber das vertraute Harmonium aus der Wendelinus-Kapelle, das jetzt im Altarraum steht und die treue Organistin gehören einfach zum sonntäglichen Gottesdienst.“ 2) Die drei Kirchenglocken werden an Weihnachten, 25.12.1951, geweiht. In diesem Jahr zählt die Kirchengemeinde, zahlreicher geworden durch viele Flüchtlinge vor allem aus Ostdeutschland, Ostpreußen, Sudetenland, Schlesien etc. 1028 Seelen. 

Bald ändert sich der Status der Obernburger Kirchengemeinde: Im Juni 1951 beantragt der Kirchenvorstand die Umwandlung des Exponierten Vikariats in eine Pfarrei, dies erfolgt dann im Februar 1952.

Anfangs 20 km entfernt wohnend und ohne Auto, erst später wohnte Pfr. Otto mit seiner Familie im Verwaltungsgebäude der OVGO, dann im 2. Stock im sogen. „Ludwigskeller“ (heute: Eisdiele und Bürohaus), waren die dienstlichen Aufgaben im weit verzweigten Pfarrbezirk (Obernburg, Eisenbach, Mömlingen, Elsenfeld und bis März 1952 auch noch Erlenbach) für Pfr. Otto nur per Rad bzw. mit Unterstützung von motorisierten Gemeindegliedern zu bewältigen. Aus diesem Grund und vor allem um ein Gemeindezentrum zu bekommen, beschließt im Juli 1952 der Kirchenvorstand den Erwerb eines Grundstückes für das Pfarrhaus, das im Juli 1955 aber von Pfr. Kahle mit Familie bezogen wird; denn Pfr. Otto war bereits im Juli 1954 im Alter von 54 Jahren nach unheilbarer Krankheit gestorben.


Am Sonntag, dem 28.11.1954, wird Pfarrer Rudolf Kahle in der Friedenskirche feierlich installiert. In seiner Amtszeit wird im August 1957 eine Empore errichtet und von der Firma Walcker aus Ludwigsburg eine Schleifladenorgel eingebaut, eingeweiht am Sonntag, dem 22.9.1957. Gleichzeitig wird eine elektrische Kirchenheizung montiert. Wie Pfr. Kahle berichtet, „gebührt in mancherlei Hinsicht ein besonderer Dank dem Glanzstoff-Werk, vor allem den Herren Dr. Gammert und Dr. Jung, die beide viele Jahre lang dem Kirchenvorstand angehörten und der Kirchengemeinde mancherlei praktische Hilfe zuteil werden ließen. Zu erwähnen sind die jährlichen Gemeindeausflüge und jährlichen Gemeindeabende am Reformationsfest im Saal der Gaststätte ‚Bayer. Hof’.“2)

In Eisenbach und Mömlingen unterrichtete Pfr. Kahle alle ev. Kinder von der 1. bis 8. Klasse (etwa ein Dutzend) einmal in der Woche und von Montag bis Freitag je eine Stunde Religion in der Berufsschule Obernburg. „Die Zahl der Konfirmanden schwankte zwischen vier (1962) und zwanzig. Es gab mehr Eintritte in die Kirche, meist wegen konfessionell gemischter Ehe, als Austritte. Das Verhältnis zur kath. Kirche und zu den Behörden war korrekt bis freundlich. Viele gute menschliche Kontakte sind mir in dankbarer Erinnerung“, schreibt er. Auch wöchentliche Besuche im Obernburger Krankenhaus gehörten zu seinen Aufgaben. „Im Laufe der Jahre wurden ihm zusätzliche Aufgaben übertragen: Ich wurde Senior des Pfarrkapitels und damit Stellvertreter des Dekans, „Kandidaten-Vater“, d.h. mit der Fortbildung der Vikare beauftragt, Visitator der Katecheten/Innen im Dekanatsbezirk, Leiter der religionspädagogischen Arbeitsgemeinschaft Lehrer-Pfarrer und Mitglied der Landessynode. Außerdem unterrichtete ich viele Jahre an der Maria-Ward-Schule in Aschaffenburg. Ende 1970 „übertrug mir der Landeskirchenrat zum 1.2.1971 die 1.Pfarrstelle in Neumarkt/Oberpfalz und gleichzeitig die Funktion des dortigen Dekans.“ 2) Er wurde am 21.1.1971 in der Friedenskirche verabschiedet.


 

Anfang 1971 bewarb sich Pfarrer Heinrich Bock, aus dem hauptsächlich ev. geprägten Ostoberfranken kommend, um die freigewordene Pfarrstelle in Obernburg und lebte sich rasch ein, nicht zuletzt dank der freundlichen Aufnahme seitens der Gemeindeglieder und der Bereitschaft Vieler, mitzuarbeiten. Wie er berichtet, „war freilich manches fremd. Viele der neuen Eindrücke spiegelten etwas für die hiesige Situation Charakteristisches wider. So ist die (ev.) Gemeinde nicht einheitlich geprägt. Die Zuzügler aus allen Teilen Deutschlands bringen die unterschiedlichsten protestantischen Traditionen mit:

Ev.-lutherische, reformierte, unierte und freikirchliche beeinflussen dadurch das Gemeindeleben nachhaltig. Er schreibt weiter: “Das macht sich besonders überall dort bemerkbar, wo Kontinuität wichtig ist, etwa in der Jugendarbeit oder in den Gemeindekreisen. … Ziemlich bald kam der Zeitpunkt, an dem wir merkten wie wichtig eine Besinnung über Ausrichtung und Art der Jugendarbeit in der Gemeinde ist. Das Ergebnis unseres gemeinsamen Nachdenkens waren unterschiedliche Aktivitäten für und mit den Jugendlichen unter Leitung von engagierten Helfern, die Wert auf Weiterbildung legten und zu eingespielten Mitarbeitern wurden.“

In den neu errichteten weiterführenden Schulen in Elsenfeld und Obernburg fallen viele Religionsstunden an, die Pfr. Bock unter Mithilfe von Nachbarkollegen und einer Religionspädagogin im Vorbereitungsdienst (für Grund-, Haupt- und Realschulen) nur zum Teil selbst erteilen kann. Der Religionsunterricht an den Grund- und Hauptschulen wird zum größten Teil von evangelischen Lehrern/Lehrerinnen übernommen. Sie leisten der Kirche damit einen unschätzbaren Dienst.“ 2)

Am 12.11.1972 stellte Pfr. Bock an die Kirchenleitung einen Antrag auf Bau eines Gemeindehauses in Elsenfeld, zu dem die Landeskirche erst am 1. Juli 1976 ihre Zustimmung erteilte. „Eine Rüstzeit des Kirchenvorstandes auf Burg Rothenfels diente in der Hauptsache dazu, die Kirchenvorsteher und die Ersatzleute auf das Gemeindehaus – auf Bau und Nutzung – vorzubereiten. Mehrere Gemeindeabende machten die Gemeinde mit dem Baukonzept vertraut.

Im März 1978 mit dem Bau in der Adam-Zirkel-Straße in Elsenfeld beginnend, war der Bau nach fünf Monaten fertig. Am 23. September weihten Oberkirchenrat Meiser aus Ansbach und Dekan Merz in Anwesenheit einer großen Gemeinde das Haus ein. Die schönste Erfahrung ist, dass das Haus von der Gemeinde angenommen wird, was sich in vielen Veranstaltungen im Gemeindehaus für die jeweiligen Interessengruppen verdeutlicht.“ 2) Mit dem kath. Gemeindezentrum in der Nachbarschaft entwickelte sich seitdem ein gutes ökumenisches Verhältnis.

„…dass die christliche Verkündigung den Einzelnen in eine Gemeinde einfügen will, in der das Glauben, Hoffen und Lieben gemeinsam eingeübt wird, dem dienen die Gottesdienste in der Trinitatiskirche in Mömlingen (in der Regel alle 14 Tage), in der kath. Ölbergkapelle in Großwallstadt (alle vier bzw. fünf Wochen) und in der Friedenskirche (1., 2. und 3. Sonntag im Monat). Diesem Ziel dienen auch die eingeführten Familiengottesdienste und Konfirmandenrüstzeiten (seit 1972) auf Burg Rieneck. Im Untergeschoss der Friedenskirche hat die 1971 gegründete Gemeindebücherei ihren Platz. Auch der Posaunenchor trifft sich hier zu wöchentlichen Proben.

Als der Kirchenvorstand 1975 beschließt, „die Kirche zu renovieren, stellt sich heraus, dass sie Schäden aufweist, die die Substanz des Gebäudes ernsthaft gefährden. Sogar die Glocken dürfen nicht mehr läuten. Statt der Renovierung wird eine aufwändige Sanierung nötig. Die Befürchtungen, die schon Pfr. Kahle 1961 wegen der Straßenbauarbeiten im „Oberen Neuen Weg“ geäußert hat, hatten sich bewahrheitet. Die Schäden scheinen jedenfalls in Zusammenhang mit den Straßenarbeiten zu stehen,“ 2), soweit Pfarrer Bock.

Im Laufe seiner langjährigen Dienstzeit in Obernburg (fast 28 Jahre) waren Pfr. Bock zusätzliche, verantwortungsvolle Aufgaben übertragen: Von 1979 bis 1999 Dekanatsjugendpfarrer, 1981 – 1999 Senior des Pfarrkapitels Aschaffenburg und damit auch Stellvertreter des Dekans und seit 1991 bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1999 1. Vorsitzender des Ev. Erwachsenen-Bildungswerkes Untermain (Aschaffenburg/Lohr ). Ebenso war er verantwortlich für fünf Lehrvikare, (Frau Weidner und Hieronimus, Herr Dietrich, Frau Arlt und Herr Ruttmann), die einzelne Aufgaben in der Gemeindearbeit übernahmen und sich darin bewährten. Kurz vor seinem Ruhestand nahmen auf einer neu errichteten halben Pfarrstelle Frau Hagen und Herr Foldenauer Aufgaben in Großwallstadt und Elsenfeld wahr.

Dem Bau einer neuen Orgel in der Friedenskirche haben dem endgültigen Beschluss des Kirchenvorstandes und Antrag an die Landeskirche vom 23.4.1992 bereits zwei gültige KV-Beschlüsse vorgelegen. Nach langer, ärgerlicher Verzögerung treibt Pfarrerin Doris Arlt, die nach Verabschiedung von Pfr. Bock die 1. Pfarrstelle bis zum Dienstantritt von Pfr. Dieter Fürst im Oktober 1999 versieht, die Bestellung der Orgel voran und Pfr. Robert Foldenauer unterstützt sie dabei. Einstimmig beschlossen wird die Anschaffung der neuen Orgel am 12. November 1999, bei der Orgelbaufirma Johannes Rohlf im Seitzental bei Calw im Nordschwarzwald in Auftrag gegeben und am 13. Juli 2003 festlich eingeweiht.

Bevor Pfr. Fürst mit seiner Frau im Oktober 1999 als neuer Pfarrer ins Pfarrhaus einziehen kann, muss dieses von Grund auf renoviert werden. Er sagte von sich selbst: „Eigentlich wollte ich ja nichts bauen, aber …“, es kam anders: Einbau der neuen OrgeI in der Friedenskirche sowie Sanierung des ev. Gemeindehauses in Elsenfeld (2004) und der Trinitatiskirche in Mömlingen.

Wie Pfr. Stefan Meyer und Herr Batteiger schreiben, ging es Pfr. Fürst primär um den Gottesdienst in seinen verschiedensten Formen und Möglichkeiten und um vielfältige Kontakte zu den Menschen vor Ort zu entwickeln und zu vertiefen. Ein besonderer Personenkreis waren unter anderen die Konfirmanden, die Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und die Asylbewerber, die in Elsenfeld untergebracht sind. Wenn Not an der Frau war, dann stand Frau Renate Fürst mit Rat und Tat zur Seite. Die Ökumene liegt Pfr. Fürst sehr am Herzen. Er schreibt dazu: “Wir evangelischen Christen sind eine Minderheit in der Region. Gerade 12% der Einwohner machen wir aus. Ökumene heißt hier Begegnung mit der großen Schwester, der katholischen Kirche. Ökumene heißt nicht: „Macht bei uns mit!“, sondern: „Wir schauen voller Achtung aufeinander. Wo wir gemeinsame Grundlagen haben, können wir auch gemeinsame Wege beschreiten.“ 5) Schon nach sechs Jahren beendet Pfr. Fürst gesundheitsbedingt seinen Dienst vorzeitig und wird in zwei Gottesdiensten in Obernburg (So.,2.10.05) und in Mömlingen (So., 9.10.05) von den Gemeinden verabschiedet.

Die Aufgaben im weit verzweigten Kirchensprengel teilten sich seit Jahren der jeweilige Pfarrer mit einem Lehrvikar, dies war zu Zeit von Pfr. Fürst schon Pfarrer Stefan Meyer. Er bewarb sich als Nachfolger von Pfr. Fürst auf dessen Stelle. Nach knapp einem Jahr Vakanz, in dem die seelsorgerlichen Aufgaben und die Gottesdienste von benachbarten Pfarrern übernommen wurden und Pfarrer Stefan Meyer für Großwallstadt, Elsenfeld und Mömlingen zuständig war, wird er am 24.9.2006 als neuer Pfarrer im Gottesdienst in der Friedenskirche feierlich eingeführt. Seine Aufgaben versieht er schon seit 1.9.2006 in vollem Umfang. Seitdem umfasst der vom ihm zu betreuende Sprengel Obernburg mit Eisenbach und Elsenfeld. Seit 1.9.2007 steht ihm die für die Seelsorgesprengel Großwallstadt, Eisenbach und Mömlingen verantwortliche Pfarrerin Barbara Nicol zur Seite.

Im vorliegenden Abriss der Geschichte der ev. Kirchengemeinde Obernburg sind die vielen in Verantwortung stehenden und bewährten Kirchenvorstände, Gruppenleiter/Innen und die für vielfältige Aufgaben zuständigen Helfer/Innen nicht namentlich aufgeführt, das hätte den Rahmen dieser Zusammenstellung gesprengt. Dennoch sei ihnen an dieser Stelle herzlich für ihren Dienst gedankt, ebenso Herrn Heinrich Bock (Pfr.in R.) für seine Beratung.

Karin Frey–Bauer

 

Verwendete Literatur:
1.
Zusammenstellung der Daten der ev. Kirche Obernburg von 1911 -1958
2. Festschrift „Friedenskirche und Kirchengemeinde Obernburg 1951 – 1981“
3. Festschrift „50 Jahre Friedenskirche Obernburg, Jubiläum am 27.Mai 2001“
4. Festschrift „Unsere neue Orgel“ 2003
5. Gemeindebrief Nr.3 von Okt./Nov. 2005