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Heimat- und Verkehrsverein (HVV)
 63785 Obernburg am Main

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Brückenzollhaus und Fährmannshaus

In diesem Beitrag soll an zwei am Main gelegene Gebäude und ihre Geschichte erinnert werden, die viele Jahre zum Obernburger Stadtbild gehörten.

Erste Mainbruecke mit Faehrhaus und Zollhaus TS

Das Brückenzollhaus (1890-1982)

Erste Mainbruecke mit Zollhaus kleiner

Blick auf Obernburg mit der ersten Mainbrücke. Im linken Bild (TS) ist das Fährmannshaus, im rechten Bild das Brückenzollhaus zu erkennen.

Einweihung Mainbruecke Festschrift 31 Mai 1891

 

 

Bürgermeister Peter Kreß forcierte nach der Einweihung des Bahnhofes auf der anderen Mainseite am 12.11.1876 den Bau einer Brücke, die schließlich ab dem 28.12.1890 benutzt werden konnte und die am 25.5.1891 feierlich eingeweiht wurde.

Jeder, der heute die Mainbrücke oder den Brückensteg überquert, kann sich sicher nicht vorstellen, dass dieses damals nicht ohne Kontrolle und Zahlung eines Brückenzolls möglich war. Die Zolleinnahmen wurden dafür benötigt, um die Brückenbauschulden abzutragen. Der Stadtmagistrat veröffentlichte daher am 9. Oktober 1890 eine mittels höchster Ministerial-Entschließung vom 25. Juli 1890 genehmigte Brückenzoll-Ordnung.

So musste jede frei gehende Person drei Pfennige entrichten. Personen, die mit einem Schubkarren, Handwagen oder Voloziped (Fahrrad) die Brücke überquerten, wurden mit fünf Pfennigen zur Kasse gebeten. Für jedes angespannte „Zugthier“ (der Führer des Fuhrwerks war vom Personenzoll frei) waren 15 Pfennige fällig und zehn Pfennige mussten gezahlt werden, wenn man ein „leer gehendes Zugthier“ über die Brücke trieb.

Brueckenzollordnung 3 Pfennig
Brueckenzollticket
Brueckenzollhaus von Peter
Bruecke eingestuerzt und Faehre sw
Bruecke im Bau 16 11 1948
Alte Mainbrücke Medaillon Kreß
Kiosk 1964 Jupp vor Tuer klein Kiosk 1964 Else vor Tuer 2 klein
Steg Platz mit Platte Kress

Den „freigehenden Personen“ gleichgestellt waren Jung- und Kleinvieh, Fohlen, Kälber, Schafe, Schweine und Ziegen. Pro Stück mussten ebenfalls drei Pfennige gezahlt werden. Beim herdenweisen Treiben dieser Tiere waren je 15 Stück 30 Pfennige zu entrichten. „Der Brückenzoll ist so oft zu entrichten, als die Brücke benützt wird“, heißt es in § 2 der Brückenzoll-Ordnung.

Die Verordnung sah aber auch Befreiungen vom Brückenzoll vor, u. a. für Beamte und Militärs im Dienst.

Zusätzlich wurde noch eine „Ortspolizeiliche Vorschrift“ erlassen, die die „Sicherung und Kontrolle des Brückenzolls und die Regelung des Verkehrs auf der Mainbrücke“ zum Inhalt hatte. Darin heißt es u.a.: „Der Brückenzoll nach den genehmigten Tarifsätzen ist bei Beschreitung der Brücke fällig und muss sofort an den von der Stadt aufgestellten Pächter oder Einnehmer entrichtet werden. Der Einnehmer oder Pächter des Brückenzolls hat über die Entrichtung desselben eine auf den gezahlten Betrag lautende, mit dem Siegel des Stadtmagistrats versehene Marke abzugeben und von letzterer vor der Aushändigung die eine Hälfte abzutrennen.“ Die Marke musste bis zum Verlassen der Brücken-Auffahrtsstraßen mitgeführt und auf Verlangen den Kontrollpersonen vorgezeigt werden. Wer den Zoll unterschlagen wollte, wurde mit Geldstrafen bis zum Zwanzigfachen des entzogenen Zolls bestraft.

Zuwiderhandlungen gegen die „Ortspolizeilichen Vorschriften“ waren im höchsten Fall mit 60 Mark Geldstrafe oder mit einer Haft von 14 Tagen zu ahnden. Man bedenke, 60 Mark waren einer 14-tägigen Haft gleichgesetzt.

Geregelt war auch, wie man sich auf der Brücke zu verhalten hatte. Personen mussten beim Übergang über die Brücke stets das rechtsseitige Trottoir benützen, mit Fuhrwerken und Vieh musste immer nach der rechten Seite ausgewichen werden. Das Vor- und Nebeneinanderfahren von Fuhrwerken nach einer und derselben Richtung sowie das Stillehalten derselben auf der Brücke war verboten; ebenso das Reiten und Fahren sowie das Fortbewegen von Lasten auf den Trottoirs.

 

Auf der Obernburger Seite der Brücke baute man für die Zolleinnehmer ein Zollhaus aus Buntsandstein, das mit seinem markanten Giebel zum Bild der ersten und später auch noch der zweiten Brücke gehörte. Der Zoll wurde bis zu einem Beschluss des Stadtrates im Jahr 1922 erhoben. Die Brückenbaulast blieb bis 1941 bei der Stadt Obernburg, danach übernahm der Staat sämtliche Kosten.

 

Nachdem das kleine Zollhäuschen nicht mehr zur Gebührenerhebung diente, wurde es in der Folgezeit als Übergangswohnung vermietet.

 

 

 

Bei der Sprengung der Mainbrücke am Ende des Zweiten Weltkrieges, am Morgen des 26. März 1945 gegen fünf Uhr, blieb das Zollhaus erhalten. Die gesprengte Brücke war aber nicht mehr zu benutzen. Der Main konnte danach nur per Boot oder Fähre überquert werden.

 

 

 

Von 1947 bis 1949 wurde dann auf den Pfeilern der alten Brücke eine neue Brücke aus mächtigen verschraubten Stahlträgern gebaut, die während des Krieges bei Pionierbrücken verwendet worden waren. Die Einweihung erfolgte am 30. Juni 1949. Der Fährbetrieb konnte wieder eingestellt werden.

Kiosk 1950 sw_1

Während des Baues dieser zweiten Mainbrücke wurde auch das Zollhaus umgebaut. Dabei wurde das Metallrelief des Bürgermeisters Peter Kreß, das sich an der Portalkonstruktion der ersten Mainbrücke befunden hatte, an der westlichen Giebelmauer des ehemaligen Brückenzollhauses angebracht.

 

 

Das Gebäude selbst wurde danach als Kiosk genutzt. Pächter von 1949 bis 1975 waren Josef (Jupp) und Else Zöller. 1982 wurde das Haus abgebrochen.

 

 

 

Schon vor dem Abriss der zweiten Brücke und des Zollhauses war das Relief von Peter Kreß verschwunden, doch tauchte es nach einigen Jahren wieder auf und wurde am neuen Brückensteg in der kleinen Grünanlage gegenüber dem Gasthaus „Zum Karpfen“ angebracht. Erwähnt werden soll noch, dass sich an der genannten Grünanlage, wo heute ein alter Gingobaum steht, früher ein kleiner Springbrunnen befand.

Das Fährmannshaus

Bis 1859 konnte der Main bei Obernburg nur per Boot oder mit Fährgeräten, die von Menschen bedient wurden, überquert werden. Dann erkaufte die Stadt für 11.300 Gulden das Recht mit den dazugehörenden Gerätschaften. Zur Fähre gehörten auch einige Grundstücke, u. a. die, auf denen das Fährmannshaus und das Wohnhaus des Fährmannes standen. Die Stadt verbesserte bzw. erneuerte noch im gleichen Jahr die Fährgeräte.

Fliegende Bruecke Lageplan

So war die neue „fliegende“ Fähre durch ein Seil mit einem über den Main gespannten Seilzug verbunden (Plan links). Sie wurde durch Schrägstellung gegen die Strömung auf die andere Mainseite gedrückt. Als 1890 die erste Mainbrücke eröffnet wurde, benötigte man die Fähre nicht mehr.

 

Aber als in den 1930-iger Jahren diese Brücke wegen des Staustufenbaus und größerer Schiffe angehoben werden musste und nicht benutzt werden konnte, kamen während der Umbauzeit wieder Fähre und Boote zum Einsatz.

Faehrenpreisliste
Mainbrücke mit Fähre bei Hebung

Nachdem die Brücke 1945 gesprengt wurde und nicht mehr zu passieren war, waren es die Obernburger Fischer Franz Österlein und gelegentlich Gregor Weiler, die mit ihren Schelchen oder Nachen eine Verbindung über den Main aufrecht erhielten. Auf ihre Fährdienste konnte man verzichten, nachdem die alte Fähre wieder in Betrieb genommen worden war. Sie wurde später durch eine 40-Tonnen-Fähre abgelöst, die in der Bayerischen Schiffbaugesellschaft in Erlenbach gebaut wurde. Diese Fähre, die in ihrem Endzustand auch mit Motor betrieben werden konnte, war aber nur vier Jahre im Dienst, denn die zweite Mainbrücke konnte am 30. Juni 1949 in Betrieb genommen werden.

Als Fährleute im Einsatz waren Josef Bezold, Peter Dier, Heinrich Reis, Pit Pederap, Hugo Berninger, Josef Zipprich, Franz Kempf, Oswald Arnold und Josef (Jupp) Zöller, der nach der Fertigstellung der Brücke im ehemaligen Brückenzollhaus ein Kiosk betrieb. Zöller schlug sich am Ende des Krieges ohne Entlassungspapiere zu seiner in Nürnberg ausgebombten und über Würzburg nach Obernburg zu Verwandten übersiedelten Familie durch. Da er ohne Papiere ankam, wurde er zunächst als „Kriegsgefangener der Stadt Obernburg“ behandelt und als Waldarbeiter und Fährmann eingesetzt.

Faehrhaus Karpfengarten Zollhaus Kirche klein

 

 

Das Fährmannshaus war ein kleines (4m auf 3m) zweistöckiges Arbeitsgerätehaus des Fährmanns, das an den Garten des Gasthauses „Zum Anker“ angelehnt war. Das Erdgeschoss bestand auf drei Seiten aus einfachem Bruchsteinmauerwerk. Die Mainseite war offen bzw. nur durch einen Lattenverschlag verschlossen.

Der Raum wurde zur Aufnahme von Materialien und Geräten benutzt, aber auch von der Stadt hin und wieder für den Verkauf des so genannten Freibankfleisches verwendet. Das Obergeschoss mit dem Raum für den Fährmann war über eine steinerne Außentreppe an der Nordseite zu erreichen. Der Aufbau aus verputztem Holzfachwerk hatte ursprünglich ein Fenster an der Vorderseite und ein flaches Satteldach. Das Gebäude wurde von der Stadt oft Durchreisenden (Landstreichern) zum Übernachten zur Verfügung gestellt. Beim Bau der neuen B 469 und des Fußgängerstegs wurde das Haus vollständig abgebrochen.

Faehrhaus Zeichnung

(Zeichnung von Peter Burkart)

Faehrhaus im Hochwasser klein

Peter Burkart und Heinz Janson

Quellen:
Chronik „1900 Jahre Obernburg am Main“ von Dr. Leo Hefner
Buch „Obernburg am Main in alten Ansichten“ von Dr. Leo Hefner
Buch „100 Jahre Gesangverein Obernburg. Verein und Stadt 1883-1983“
Manuskripte von Karl Heinz Neeb
Main-Echo Artikel aus den Jahren 1970/1976/1988