Als der Limes wiederentdeckt wurde
Nach dem Zusammenbruch des römischen Befestigungssystems Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. wurden die Reste römischer Bauwerke für neue Bauten wieder verwendet (ein anschauliches Beispiel ist der Weihestein des Präfekten des Obernburger Kastells Lucius Petronius Florentinus, der sich noch heute in den Mauern des Hauses Römerstraße 41 befindet) und die Gräben, Wälle und Mauern eingeebnet. Viele Jahrhunderte lang war das Wissen um die römische Vergangenheit weitestgehend verloren.
Erst im 16. Jahrhundert zogen die römischen Überreste die humanistischen Forscher an. Als einer der ersten schreibt Johannes Turmair um 1520 einen Mauerrest bei Eichstätt den Römern zu und stellt Vermutungen über den Verlauf der römischen Reichsgrenze in Süddeutschland an. Auf seinen Erkenntnissen bauten bis ins 19. Jahrhundert viele andere Altertumsforscher auf. So erkannte Christian Ernst Hanßelmann (1699-1775) einen Zusammenhang zwischen den römischen Resten im Taunus und der rätischen Mauer in Hohenlohe und nahm dort erste Forschungen vor.
Nach der Wende zum 19. Jahrhundert erwachte im neu geschaffenen deutschen Staatenbund das Interesse an der Vergangenheit. Überall wuchsen historische Vereine aus dem Boden, insbesondere entlang des Limes. Allen voran tat sich der Verein für Altertumskunde in Ellwangen hervor, dessen Mitglieder mit großem Enthusiasmus Kastelle ausgruben und Limesabschnitte beschrieben. Mit der 1852 gegründeten „Commission zur Erforschung des Limes Imperii Romani“ versuchten die am Limes angesiedelten Altertumsvereine eine erste systematische und grenzübergreifenden Erforschung.
Auch die staatlichen Stellen griffen durch die Förderung von Ausgrabungen und die Einsetzung von staatlichen Limeskommissionen in die Erforschung ein. Allerdings bleiben noch viele Fragen offen, weil aufgrund des politischen Systems die Forschungen und ihre Ergebnisse an den jeweiligen Ländergrenzen stecken blieben. Außerdem fehlte es an einer übergreifenden Erforschung der Anlagen. Der bekannte Altertumsforscher Theodor Mommsen beklagte 1891, dass es „so viele Limesliteraturen wie beteiligte Staaten gibt“, die nicht zur Klärung der bestehenden Widersprüche beitragen würden.
Seit 1883 ließ Mommsen dann keine Gelegenheit aus, auf die dringende Notwendigkeit einer nationalen, systematischen Limesuntersuchung zu dringen. Allerdings scheiterten seine Bestrebungen zunächst, da er als politisch Liberaler nicht die Unterstützung des Reichskanzlers von Bismarck fand. Erst nach dessen Rücktritt konnten am 28. Dezember 1890 die Delegierten der fünf betroffenen Staaten (Baden, Bayern, Hessen, Preußen und Württemberg) auf der Limeskonferenz in Heidelberg unter der Leitung von Mommsen Vorschläge an ihre jeweiligen Regierungen erarbeiten. Diese Vorschläge wurden dann am 6. und 7. Juni 1892 bei der konstituierenden Sitzung der Reichs-Limes-Kommission in Heidelberg in den Statuten verwirklicht.
Die Aufgabe dieser Kommission sollte „die Erforschung des Limes, der römischen Grenzsperre in Rätien und Obergermanien“ innerhalb von fünf Jahren sein. Die Ergebnisse sollten regelmäßig veröffentlicht werden und es sollte auch eine regelmäßige Berichterstattung an den Reichskanzler erfolgen. Die Kommission bestand aus Wissenschaftlern und Laien, die sich für Geschichte interessierten. Zur Bewältigung dieser gewaltigen Aufgabe wurde die 555 km lange Befestigung in 15 Strecken aufgeteilt, wobei sich die Kommission an zu dieser Zeit gültigen Verwaltungsgrenzen orientierte:
|