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Heimat- und Verkehrsverein (HVV) 63785 Obernburg am Main
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700 Jahre Stadt Obernburg (1313-2013)
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2013 feierte die Stadt Obernburg mit vielen Veranstaltungen ihre 700-jährige Geschichte. Die beiden Mitglieder des Heimat- und Verkehrsvereins Obernburg, Helmut Wörn und Heinz Janson, haben in der 15. Ausgabe der “Obernburger Blätter” von 2013 versucht, auf einige ausgewählte Ereignisse und Entwicklungen der letzten 700 Jahre zurückzuschauen. Das Ergebnis finden Sie hier auch auf der Homepage des HVV.
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Die einzelnen Kapitel können aus dem folgenden Inhaltsverzeichnis durch Anklicken direkt angewählt werden.
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Die geschichtsbewussten Stadtväter des 1814 bayerisch gewordenen Städtchens Obernburg gaben sich 1818 statt des bisherigen Mainzer Rades ein neues Stadtwappen, dessen Symbole bildhaft für die ersten 500 Jahre der Stadtgeschichte ab 1313 stehen.
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Da die Obernburger Untertanen ein Drittel dieser Summe selbst aufbrachten, konnten sie sich die Rechte auf den eigenen Waldbesitz und auf die Jagdberechtigung, die üblicherweise dem Landesherrn zustand, sichern. Das Dorf Obrinburg gehörte nun nach diesem Verkauf politisch zum Herrschaftsgebiet des Mainzer Erzstifts.
Das Erzstift Mainz war bestrebt im Zusammenhang mit der schwachen kaiserlichen Macht (1273 endete die kaiserlose Zeit mit Kaiser Rudolf I.) sein eigenes Territorium zu sichern und zu erweitern. Eine Reihe von mainzischen Orten am Untermain bekam daher in dieser Zeit Stadtrechte, z. B. Miltenberg 1237, Amorbach 1253 und Klingenberg 1276. Diese Dörfer sollten Befestigungen erhalten.
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Erzbischof Peter von Aspelt (1305–1320) schloss am 23. Mai 1313 mit dem Dekan und dem Kapitel des Aschaffenburger Stifts einen Vertrag, dass auch das Dorf Obrinburg zur Stadt erklärt und befestigt werden sollte. Am 27. Juli 1317 bestätigte Kaiser Ludwig der Bayer in Aschaffenburg diesen Vertrag, so dass Obernburg ab diesem Zeitpunkt die Rechte und Pflichten einer Stadt bekam. Eine nochmalige Bestätigung erfolgte 1345.
(Bild links: Grabplatte von Erzbischof Peter von Aspelt im Mainzer Dom)
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Der Bau der Befestigungswerke - eine mühevolle Aufgabe Wann die Obernburger mit dem Bau der Wälle, Mauern und Türme begannen, lässt sich nicht mehr nachweisen. Zwei katastrophale Ereignisse änderten nämlich im 14. Jahrhundert dramatisch die Situation. Das Magdalenenhochwasser im Juli 1342 verwüstete mit seinen Wassermassen in ungeahnter Höhe das Maintal schwer und wirkte im mainnahen Obernburger Ortsgebiet aller Wahrscheinlichkeit nach zerstörerisch. Wenig später raffte um 1350 der „Schwarze Tod“ etwa ein Drittel der Bevölkerung Mitteleuropas dahin. Auch Obernburg dürfte von dieser Pestepidemie betroffen gewesen sein und dadurch einen Teil seiner arbeitsfähigen Einwohnerschaft verloren haben. Wegen dieser Rückschläge ging der Ausbau der Befestigungsanlagen wahrscheinlich schleppend voran.
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Die Obernburger mussten gewaltige Sandsteinmengen von den Steinbrüchen an der Steingrube an der Straße nach Wörth oder am Stadtberg zum Bau herbeischaffen und diese dann bearbeiten. Quelle: Mainzer Risse+Pläne Nr. 46 von 1615
Am Ende des 14. Jahrhunderts waren einige der Türme zunächst als Halbtürme bis auf eine Höhe von ca. sechs Metern errichtet. Das ist noch deutlich am Täschenturm und am Hexenturm (Bild links) sichtbar, wo die inneren Turmseiten erst später ergänzt wurden. Beim Almosenturm (Bild rechts) setzt sich der frühe Turmbau deutlich von der späteren Erhöhung ab. Die akkurat behauenen oberen Eckquader heben sich gut sichtbar vom unteren Teil des Turmbaus ab.
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Der Almosenturm bekam auf den breiten Unterturm noch einen schmaleren Oberturm. Das Obere Tor erhielt seine heutige Form mit einem abgewalmten Satteldach. Mit der haubenartigen Kuppel mit dem Reichsadler und der Turmuhr zierten die Obernburger den Torturm erst im Jahr 1586. Diese repräsentative Ausstattung leisteten sich die Städter in einer Zeit der wirtschaftlichen Blüte, als der Weinbau im 16. Jahrhundert bis zum Dreißigjährigen Krieg offensichtlich der Stadt einigen Wohlstand bescherte.
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Der Weinbau - lange Zeit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor Im Jahre 1182 verkaufte der Kleriker Heinrich einen Weinberg in Obernburg an das Aschaffenburger Stift .Die Urkunde dazu liefert den Beweis, dass der Weinbau hier schon damals eine Rolle spielte. Über die Jahrhunderte hinweg kultivierten Obernburger Weingärtner die Ost- und Südostabhänge des Stadtberges von der Großwallstädter Gemarkungsgrenze (heute Spilgerparkplatz) bis zu den Südhängen des Mühlrains in Richtung Eisenbach. Das Terrassieren der steilen Lagen mit Sandsteinmauern war eine harte Plagerei. Viel Mühe und Schweiß kostete immer wieder die Arbeit in den Wingerten, bis endlich im Herbst die Lese stattfand und nach dem Keltern die Arbeit im Keller weiterging.
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Der Stiftshof als landwirtschaftlicher Großbetrieb
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Das Aschaffenburger Stift besaß mit dem Stiftshof (heute Mainstraße 5-11) den größten zusammen-hängenden Besitz in der Stadt. Dort war der Stiftsschultheiß eingesetzt, der die Rechte des Stifts zu vertreten hatte. Er war oft auch der Erbpächter und Verwalter der ausgedehnten landwirtschaftlichen Flächen im Umfeld (etwa 22 ha im Jahre 1720). Stiftseigene Weingärten lagen im Bereich des Pfaffenbergweges, am Fronthal oder in der Dekanei. Eine Ackerfläche erstreckte sich z.B. von der heutigen Brunnenstraße bis zum Eingang am Tiefental. Weil der umfangreiche Stiftshofbesitz nicht durch Erbteilungen parzelliert wurde, stellte dieser Wirtschaftshof einen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor in Obernburg dar.
Allerdings hatte der Stiftsschultheiß auch Pflichten zu übernehmen. Wenn zweimal im Jahr im Mai und vor Weihnachten Gericht in Obernburg gehalten wurde, musste er die Stiftsherren und ihr Gefolge unterbringen und verköstigen. Er selbst hatte einen beträchtlichen Teil seiner Ernteerträge an das Stiftskollegium abzuliefern.
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Außerdem sorgte er dafür, dass die Obernburger Hübner (Grundbesitzer) die fälligen Abgaben und Pachtgelder für das Stift ablieferten. Gelagert wurden die Zehnten in einer besonderen Scheune, bevor sie nach Aschaffenburg abtransportiert wurden. Als Verpflichtung übernahm der Stiftshofpächter auch die Haltung des Faselviehs (Vatertiere), wie Stiere, Eber oder Ziegenböcke.
Die meisten Menschen lebten von der Landwirtschaft Über Jahrhunderte hinweg mussten die meisten Menschen in Obernburg von dem leben, was sie als Bauern oder Weingärtner dem Boden abrangen. Nördlich der Stadt lagen die fruchtbaren Felder des Niederfeldes, südlich davon ersteckten sich die Äcker mit schlechteren Böden, wie am Hundbaum (Hund bedeutet in diesem Zusammenhang mindere Bodenqualität) oder die Aaräcker am Main. Diese Felder unterlagen im Mittelalter dem Flurzwang der Dreifelderwirtschaft, d. h. nach einem Jahr mit Wintergetreide folgte das Sommergetreide. Im dritten Jahr lagen diese Äcker brach und wurden als Weide genutzt.
Hinter der Stadt im Bereich der heutigen Lindenstraße und in den Maingärten entlang des Mühlbaches nutzte man das in Kleinparzellen zerstückelte Land vorwiegend als Gärten. Entlang des Mains und im Tal der Mümling erinnern Flurnamen, wie Froschau, Etzel oder Weidig an feuchte Wiesen, an Weideland oder an die Nutzung für Weidensträucher, woraus Weidenkörbe geflochten wurden.
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Wenn der Schweinehirt das Vieh zur Eichelmast in den Stadtwald trieb, lief er vom Bildstock am Pilgerspfad über den Buchhöllentrieb (am heutigen Schützenhaus) in die Waldungen.
(Zeichnung: Dr. Wehsarg)
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Bevölkerungszuwachs zwang zur Waldrodung
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Als nach den großen Menschenver-lusten des Dreißigjährigen Krieges die Einwohnerzahl nach 1648 wieder anstieg und die bisherigen Acker-flächen nicht mehr zur Ernährung der angewachsenen Bevölkerung aus-reichten, wurden ab 1700 im großen Stil die Wälder auf dem Stadtberg gerodet (dunklere Fläche links). Das dadurch gewonnene fruchtbare Ackerland der Hochfelder teilte man in Gewanne ein und vergab sie an Obernburger Bauern.
Quelle: Mainzer Risse + Pläne Nr. 46 von 1615
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Der Zugang dazu war aber lang und beschwerlich, denn er erfolgte durch die enge Wendelinushohl (an der evangelischen Kirche) mit der Hohl am Pfuhl (Am Graben), die enge Fronthalhohl (oberhalb der Brunnenstraße) oder durch das schluchtartige Tiefental. Erst viel später legte man den Oberen Neuen Weg und den Pflaumheimer Weg als Zugänge zu den Hochfeldern an. Durch Erbteilungen wurden die Ackerflächen aber von Generation zu Generation immer mehr parzelliert, so dass viele Familien sich nach anderen Broterwerben umsehen mussten. In vielen Häusern betrieben die Hausgemeinschaften daher eine kleine Landwirtschaft und übten daneben auch noch Handwerksberufe aus.
Mühlbach und Stiftsmühle Als im 14. Jahrhundert die ersten Befestigungsanlagen um Obernburg erstellt wurden, mussten Obernburger auch mithelfen, einen Mühlgraben anzulegen, der entlang der Stadtmauer vom Almosenturm bis zum Gumpenturm Teil der Befestigungsanlage war. Der etwa drei Kilometer lange Mühlgraben führte das Wasser der Mümling von der Wehrinsel am Hartmannswörth zur Stiftsmühle (heutige Kochsmühle), bevor er in den Main mündete.
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Die vorherige Mühle, die weit außerhalb der Stadt an der Mümling lag, wurde aufgegeben. Weil diese aber dem Aschaffenburger Stift erbzinspflichtig war, gehörte auch die neue Mühle an der Stadtmauer dem Stiftskollegium. Über 200 Jahre betrieben die Herren von Gonsrode diese Mühle, bevor sie im 16. Jahrhundert von der Stadt gekauft wurde. Für die meist bäuerliche Bevölkerung waren Mühlen zum Mahlen des Getreides und der Ölfrüchte lebensnotwendig. Die Obernburger Bauern hatten zudem ihre Mühle in unmittelbarer Nähe an der Stadtmauer und damit einen kurzen Zugangsweg.
Waldbesitz und Jagdrecht Der Stadtwald, der im Wappen mit einem Baum symbolisch dargestellt wird und das Jagdrecht mit einem Hirsch als Symbol hatten für die Obernburger eine weitere besondere Bedeutung. Im Roten Buch der Stadt mit ihren Rechten und Pflichten ist festgelegt, dass die Stadtgemeinde den Wald und das Jagdrecht auf Nieder- und Großwild uneingeschränkt im Besitz habe.
Welche wirtschaftliche Bedeutung der Waldbesitz mit sich brachte, lässt sich erahnen, wenn man weiß, dass für den Bau eines Fachwerkhauses mindestens 50 Baumstämme benötigt wurden. Städtische Bauwerke oder Kriegskontributionen konnten die Stadtväter oft mit den Holzverkaufserlösen bezahlen. Holz brauchte man zum Heizen, für Wägen, Fässer, Schiffe und allerlei Geräte. Nur die benachbarten Breuberger machten den Obernburgern diesen Reichtum oft streitig, wenn sie es bei der Jagd oder beim Fällen von Bäumen mit der Grenze nicht so genau nahmen.
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Auf dieser Karte von 1615 sind die Obernburger Waldungen dunkelgrün gekennzeichnet. Quelle: Mainzer Risse + Pläne Nr. 46 von 1615
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Fischer, Schiffe und Fährbetrieb am Main Auch die Lage am Main brachte der Stadt einige Vorteile. Der Fischreichtum des Flusses war sprichwörtlich. Fischer nutzten diese Gabe der Natur bis in die Zeit, als der Schleusenbau mit der Mainkanalisierung und die Wasserverschmutzung die Lebensgrundlagen für viele Fische zerstörten. Im Mühlbach hatten die Ratsherren das Fischrecht, mussten aber dafür Abgaben an das Stift bezahlen. Der Mühlbach diente auch als Winterquartier für Kähne und Schiffe.
Die Treidelschiffe, die bis ins 19. Jahrhundert flussaufwärts von Pferden gezogen wurden, legten die Strecke von Stockstadt bis Obernburg linksmainisch zurück und wechselten dann über die Furt auf die andere Seite. Für die Schiffsleute, die in Obernburg übernachteten, waren die Wirtshäuser am Maintor, wie „Karpfen“ oder „Anker“, die bevorzugten Unterkunftsstationen.
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Josef Michelbach hat mit dieser Zeichnung versucht, die Situation um das Jahr 1700 darzustellen.
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Die Lage an einer Handelsstraße
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Von der Handelsstraße von Nürnberg oder Augsburg – Miltenberg – Seligenstadt – Frankfurt (A3 des Mittelalters) profitierten einige andere Gasthöfe, wie z. B. die „Sonne“ (heutiges Sparkassen-gebäude), die „Krone“ (heutiges Gasthaus „Stopschild“), der „Ochsen“ oder der „Löwen“.
Bild links: Der Seligenstädter Geleitzug passiert das Obere Tor
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Links: Ehemaliges Gasthaus „Ochsen“ noch auf der anderen Seite der Römerstraße. Heute steht hier das frühere Postamt. Im kleineren Haus rechts daneben hat das Textilhaus Reichert seinen Sitz.
Rechts: Gasthaus „Sonne“ vor dem Umbau zur Kreissparkasse.
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Im Jahre 1671 hatten sechs Gastwirtschaften eine Schildgerechtigkeit. Noch 1825 zählte man 14 Gastwirtschaften in Obernburg. So blieb mancher Taler oder Gulden in der Stadt hängen.
In der Römerstraße zeugen stattliche Fachwerk-häuser heute noch vom Wohlstand ihrer früheren Erbauer. Die Stadtgemeinde erhob als Durch-fahrtsgebühr bis 1891 Pflasterzoll, bekam vom getrunkenen Wein Ohmgeld und vom eingeführten Wein Lagergeld.
Bild links: Fachwerkhaus Römerstraße 41
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Die Kirche als religiöses Zentrum Als ein erster Beweis für das Bestehen der Obernburger Pfarrei kann ein Eintrag im Evangeliar der Aschaffenburger Stiftskirche gelten. Darin wurde festgehalten, dass um 950 ein Messbuch an die Kirche in Obernburg ausgeliehen wurde. Die erste Nennung der Pfarrei erfolgte im Jahre 1184 in einer Urkunde des Papstes Lucius III. Das damalige Gotteshaus stand, wie auch das heutige, auf dem „Petersberg“, der sich wegen des leichten Geländeabfalls zur Mainstraße und zur Pfaffengasse als kleiner Hügel darstellte. In Anlehnung an das Patrozinium der Aschaffenburger Stiftskirche „St. Peter und Alexander“ übernahm die Obernburger Pfarrei die Schutzpatrone „Petrus und Paulus“.
Um das kleine Gotteshaus, das 1374 urkundlich erwähnt wurde, gruppierte sich der Kirchhof (Friedhof) mit dem Beinhaus und dem Gaden, der ein aus Stein gebautes Schutz- und Lagerhaus war. Es schlossen sich im Osten das Pfarrhaus mit Nebengebäuden und der Pfarrgarten an. Der Stiftshof rundete das „Pfaffenviertel“ an der Mainstraße im Süden ab. Heute erinnert die Pfaffengasse noch an diesen Bereich, der zu den Kirchengütern zählte.
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Die Erbauung der zweiten größeren, spätgotischen Kirche und des Kirchturms lässt sich in die Mitte des 14. Jahrhunderts datieren. Das Stift musste als Grundherr das Langhaus und den Chor erstellen, die Stadt baute den Kirchturm. Dieses Gotteshaus überdauerte unruhige Zeiten: Kirchliche Missstände in der Zeit vor der Reformation, häufige Pfarrerwechsel in den Zeiten der Reformation, Erlahmung des kirchlichen Lebens bis zur Gegen-reformation, Tod und Verderben in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges. Die Untertanen des Mainzer Erzbischofs blieben aber trotz gelegentlicher Sympathien zum Luthertum dem katholischen Glauben erhalten, da der Bischof als Landesherr die Konfession bestimmte.
Nach einem Blitzschlag brannte der Turm im Jahre 1581 teilweise ab. Das Dach des Kirchturmes wurde im Renaissancestil wieder aufgebaut, so wie es sich heute noch zeigt. Als dieses Gotteshaus zu klein geworden war, wurde es 1722 unter Pfarrer Johann Philipp Cammer durch ein größeres Bauwerk im Barockstil ersetzt. In Obernburg feiert man heute noch die Galluskerb, weil am Gallustag 16. Oktober 1728 die Kirche konsekriert wurde.
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Die Annakapelle - ein Ort Jahrhunderte langer Volksfrömmigkeit Außerhalb der mittelalterlichen Mauern steht in Mainnähe die Annakapelle, die für viele Obernburger eine besondere Bedeutung hat. Rund um den 26. Juli, dem Namenstag der Hl. Anna, werden hier Gottesdienste gefeiert. Am Sonntag davor oder danach finden sich zahlreiche Gläubige bei einem festlichen Freiluft-gottesdienst ein und besuchen dann die Gräber der Angehörigen auf dem nahen Friedhof. Die Annakapelle als Ort der Volksfrömmigkeit hat an dieser Stelle eine lange Tradition.
Bei einer gründlichen Renovierung der Kapelle entdeckte man im Jahr 1967 unter dem Hauptaltar römische Inschriften, die auf den „unbesiegten Sonnengott Mithras“ hindeuteten. Die Verehrung dieser orientalischen Gottheit verbreitete sich von Persien aus im römischen Reich. Römische Soldaten aus dem Kastell errichteten im Bereich der heutigen Annakapelle eine Kultstätte, deren Überreste später in einer christlichen Kapelle vermauert wurden. Möglicherweise ist auch der Brunnen neben der Kapelle römischen Ursprungs.
Aus der Noitburgiskapelle wurde die Annakapelle
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Wann die erste christliche Kapelle gebaut wurde, kann man nicht genau festlegen. Der Fund eines Hellerpfennigs, der sich in die Zeit von 1275-1290 datieren lässt, weist möglicherweise auf die Erbauungszeit des ältesten romanischen Teils der Kapelle hin. Der untere breitere Mauerabsatz und die kleinen Fenster stammen aus dieser Zeit.
Bild links: Annakapelle, gezeichnet von Josef Michelbach
Dieses frühe Gotteshaus war der Hl. Noitburgis, einer fränkische Heiligen, geweiht. 1559 wurde das Kapellenschiff erhöht, ein gotischer Chor mit spitzgiebligen Fenstern angebaut und auf der Südseite eine Freikanzel angebracht.
In diese Zeit fällt auch die Stiftung einer Annaselbdritt-Figurengruppe (Bild links), welche die Großmutter Anna mit Maria und dem Jesuskind darstellt. Gestiftet wurde sie von Johannes Obernburger (1500-1552), der es bis zum Privatsekretär Kaiser Karl V. (1519-1556) gebracht hatte.
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Vor dem Dreißigjährigen Krieg ermöglichten es großzügige Pfründe, Spenden und Opfergänge, dass die Kapelle mit Fresken ausgemalt und mit anderen Heiligenfiguren ausgestaltet wurde. Pfarrer Wilhelm Faulhaber verlegte ab 1581 die Feier des Annatages in die Noitburgiskapelle, wodurch die Verehrung der heiligen Anna sehr populär wurde. Ein katastrophales Hochwasser verheerte 1784 die Kapelle schwer. Wie hoch das Wasser stand, zeigt eine Markierung an der Ostseite.
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Nach der vorgenommenen Renovierung erscheint in den Rechnungen des Kapellenmeisters nur noch der Name Annakapelle. Seit dieser Zeit steht auch der spätbarocke Vierzehnnothelferaltar im Gottes-haus. Das Umfeld der Kapelle diente damals auch als Friedhof. Bei früheren Renovierungen bekam sie dem Zeitgeschmack entsprechende Ausma-lungen oder Ergänzungen. Dabei blieb sie stets eine beliebte Stätte des stillen Gebets und religiöser Feiern.
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Johannes Obernburger - ein Beispiel einer politischen Karriere Um das Jahr 1500 wurde in Obernburg Johannes Schmidt als Sohn einer begüterten Familie geboren. Wie es bei vermögenden Leuten üblich war, bekam der Junge ersten Unterricht beim Frühmesser, der als Geistlicher Messen für Verstorbene zu lesen hatte. Später besuchte er die Lateinschule in Aschaffenburg und dann die Universität in Mainz. Er promovierte über kirchliches und weltliches Recht. Wegen seiner juristischen Kenntnisse, aber auch auf Grund seiner Vielsprachigkeit fand er eine Anstellung als Schreiber in der Kanzlei des Mainzer Erzbischofs. Dieser spielte eine große Rolle in der Reichspolitik und so kam der junge Mann in Kontakt mit Kaiser Karl V., der ihn bald zum kaiserlichen Rat und Sekretär ernannte. Johannes legte den Allerweltsnamen Schmidt ab und nannte sich fortan Johannes Obernburger. Mit diesem Namen unterzeichnete er zahlreiche Urkunden des kaiserlichen Hofes in vielen Städten Europas. Seiner einflussreichen politischen Stellung verdankte er besondere Titel, wie z. B. dem des Propstes am kaiserlichen Krönungsstift St. Bartholomäus in Frankfurt. Damit waren gut dotierte Einkünfte aus Pfründen verbunden.
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Die Stadt ehrte ihn zwölf Jahre nach seinem Tod mit der Anbringung einer Steinbüste an seinem Elternhaus (Nachfolgehaus Römerstraße 26). In unserer Zeit bekam die Volksschule den Namen Johannes-Obernburger-Schule.
Obernburg im Bauernkrieg
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Im März 1525 rotteten sich Bauern im Taubertal zusammen, die von Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ angestachelt waren. Sie forderten in zwölf Artikeln politische Rechte und Freiheiten. Die Bauernhaufen erstürmten und plünderten Burgen, Schlösser und Klöster, wie bei uns die Wildenburg, Kloster Amorbach oder Himmelthal.
Bei ihrem Zug von Miltenberg nach Aschaffenburg zogen sie Anfang Mai 1525 auch durch Obernburg. Die Obernburger schlossen sich dem Zug nicht an, weil sie bereits viele der angestrebten Rechte und Freiheiten besaßen. Unter Führung des Götz von Berlichingen belagerten die Bauern die Aschaffenburger Burg. Schon bald akzeptierte der kurfürstliche Statthalter Wilhelm Graf von Hohenstein die Forderungen der Aufständischen. Die Landstädte wurden trotzdem aufgefordert, Gehorsam gegenüber der kurfürstlichen Regierung zu zeigen. Der Obernburger Schultheiß und seine Ratsherren erklärten daraufhin die Treue der Stadt vor dem Vizedom Philipp Echter.
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Als im Juni 1525 die Bundesheere der Adeligen und Fürsten den Bauernaufstand niederschlugen, musste die Stadt allerdings die durchziehenden Truppen unterbringen und verköstigen. Das Auftreiben der Brandschatzung (Verschonung vor Zerstörung) und der Fürstenatzung (Verpflegung) in Höhe von 250 Golddukaten bereitete den Ratsherren große Mühe. Bei der Huldigung an den Kurfürsten ließen sich die Obernburger aber immer wieder ihre alten Rechte und Freiheiten bestätigen.
Zeit des Hexenwahns
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Auf ein trauriges Kapitel der Stadtgeschichte weist der Name des Hexenturms hin. Das Verließ im unteren Teil des Turmes lässt heute noch erahnen, welche Qualen Menschen in diesem dunklen Raum erdulden mussten, in das sie durch das enge „Angstloch“ herunter gelassen, mit Wasser und Brot notdürftig versorgt und auf einem Strohsack allein gelassen wurden. Einige Namen von diesen beklagenswerten Leuten sind uns noch bekannt, die in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges der Hexerei beschuldigt und Unsägliches erlitten haben.
Der Ochsenwirt, der im Dreißigjährigen Krieg zu Reichtum gekommen war, wurde der Hexerei beschuldigt. Eine Frau, genannt „Fachengel“, geriet in den Verdacht verhext zu sein, wurde aber nicht verurteilt. Der Fall der Katharina Märchtin blieb uns überliefert, weil in ihrem Prozess, der sich von 1642-1644 hinzog, ein juristisches Gutachten der Universität in Ingolstadt angefordert wurde. Sie hatte ihr lediges Kind, das bei der Geburt starb, in einem Stall begraben und kam wegen einiger Ungereimtheiten in den Verdacht, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Ob und wie sie zu Tode kam, bleibt in diesem Dokument unklar. Aber ihr ungenannter Bruder, eine Frau mit Namen Maria Oberlein und Jonas Ludwig waren der Hexerei angeklagt und wurden hingerichtet.
Der aufgeklärte Stadtpfarrer Klöpper erklärte die Anschuldigungen als Unsinn. Er wurde wegen seiner Haltung von Hexenanhängern angegangen und schließlich 1647 versetzt.
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Der Dreißigjährige Krieg - eine Jahrhundertkatastrophe
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Das 16. und der Anfang des 17. Jahrhunderts waren für das Mainzer Oberstift Zeiten wirtschaftlicher Blüte. Die ersten Jahre des Dreißigjährigen Krieges (1614-1648) blieben für unser Gebiet ohne spürbare Beeinträchtigung. Erst als im November 1631 der schwedische König Gustav Adolf (Bild links) mit seinen Truppen durch die „Pfaffengasse des Reiches“ von Würzburg über Miltenberg und Aschaf-fenburg Richtung Mainz zog, fingen auch für Obernburg die furchtbaren Bedrängnisse an. Der König, seine hohen Offiziere und Beamten quartierten sich im Gasthaus „Krone“ (heute Gasthaus „Stopschild“) ein, die Landsknechte, ihre Begleitungen und die Pferde mussten bei den Bürgern unterkommen.
Nun folgten über 17 Jahre lang beständig Durchzüge von Truppen, bei denen Freund und Feind nicht zu unterscheiden waren. Alle wollten Quartier, Wein, Verpflegung und Geld. Die Obernburger Stadtkasse hatte Kontributionen zu zahlen, Lieferungen an besetzte Nachbarorte zu übernehmen, Geiseln auszulösen oder Schmiergeldzahlungen zur Scho-nung der Stadt zu veranlassen. Trotzdem kam es zu Plünderungen und Zerstörungen durch das Kriegsvolk. Pferde zertrampelten Felder und Wiesen und hinterließen Dreck und Abfall. Unsägliches Leid durch Hunger entstand, wenn Ernteerträge geraubt, Saatgut verfüttert und Wintervorräte geplündert wurden. Hunger, Kälte und Krankheiten rafften viele Einwohner dahin. Von 190 Familien am Anfang des Krieges blieben 84 am Ende übrig.
1644 konnten nur noch 64 Bürger und drei Witwen Abgaben zahlen. Lediglich der Verkauf von Holz aus dem Stadtwald brachte gelegentlich noch etwas Geld in die Stadtkasse. Ein Glück für manche Obernburger war, dass sie über Monate hin Schutz für sich und ihr Vieh in der Burg Breuberg fanden.
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Allerdings profitierte so mancher Wirt von den Einquartierungen und Verköstigungen, denn sie ließen sich ihre Dienste bezahlen, so dass sie nach dem Krieg besser situiert waren als andere total verarmte Bürger. Nur allmählich erholte sich die Stadt von den Kriegsverlusten.
Europäische Kriege – Not in Obernburg Am österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) wird deutlich, wie Obernburg 100 Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg wegen machtpolitischen Konflikten in Europa leiden musste. Der Preußenkönig Friedrich der Große war mit Frankreich verbündet. Die Franzosen schickten ihre Truppen auch in unser Untermaingebiet, währenddessen die englischen Truppenverbände mit der pragmatischen Armee den Österreichern zu Hilfe eilten. In der bekannten Schlacht von Dettingen (23. Juni 1743) blieben die Engländer Sieger. Obernburg erlebte in diesen Monaten die Einquartierung von französischen Soldaten, die mit großer Rücksichtslosigkeit und Brutalität die Einwohner behandelten und unerfüllbare Forderungen stellten. Als im Winter 1744/45 ein französisches Bataillon Quartier bezog, presste das Soldatenvolk wieder das Letzte aus der Bevölkerung heraus, so dass danach die Bürger total verschuldet und verarmt zurückblieben.
Das Fischerskreuz – Denkmal eines unschuldigen Kriegsopfers Nur 50 Jahre danach bedrängten wieder Truppen in den Koalitionskriegen die Stadt. Französische Truppen unter General Jourdan stießen im Sommer 1796 nach Franken vor. Kaiserlich-österreichische Soldaten wurden im August in Obernburg einquartiert. Als die Franzosen am 3. September in Würzburg eine Niederlage erlitten hatten und sich zurückzogen, rückte eine französische Einheit mit großer Überlegenheit auf Obernburg zu.
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Es kam zu Kämpfen mit den Österreichern. Diese zogen sich nach Wörth zurück und die Franzosen besetzten die Stadt und plünderten sie aus.
Viele Obernburger hatten sich über den Main geflüchtet, andere suchten Schutz in den Gräben des Roten Busches. Als französische Soldaten aus den Weinbergen beschossen wurden, wollten drei berittene Chasseurs (Jäger) den Schützen verfolgen und ritten über den Stadtberg. Drei Jugendliche hatten die schützenden Gräben verlassen und hielten Ausschau. Dabei wurden sie gesichtet und verfolgt. Nur Franz Josef Fischer erreichte den schützenden Wald nicht mehr rechtzeitig und wurde von den Reitern auf grausame Art zusammengeschlagen und ermordet. Noch heute erinnert das Fischerskreuz (Bild links) am Rande des Roten Busches an diese brutale Bluttat.
Damit waren aber die Bedrängnisse noch lange nicht zu Ende, denn bis 1814 brachten die Napoleonischen Kriege noch viel Leid und Not über die Einwohner Obernburgs.
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Politische Umwälzungen in Folge der französischen Revolution (1789-1799) Fast 20 Jahre litt Europa nach der französischen Revolution unter Kriegen und politischen Umwälzungen. 1792 besetzten die Franzosen die kurfürstliche Hauptstadt Mainz. Der vorletzte Kurfürst Karl Friedrich von Erthal (+1802) zog sich in seine Zweitresidenz im Aschaffenburger Schloss zurück. Als beim Frieden von Luneville 1801 das linke Rheinufer zu Frankreich kam und das Erzbistum 1803 säkularisiert wurde, entstand aus Teilen des Mainzer Oberstifts das Fürstentum Aschaffenburg.
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Der Nachfolger Erzbischof Carl Theodor von Dalberg (Bild links), ein Freund Napoleons, regierte nicht nur unser Gebiet, sondern auch die Stadt Regensburg und Wetzlar. Als Fürstprimas des Rheinbundes konnte er sogar seinen Herrschaftsbereich vergrößern, als er 1810-1813 Großherzog von Frankfurt wurde.
Nach der Niederlage Napoleons bei der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 verlor Dalberg das Großherzogtum.
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Grenzstein des Dalbergstaates, noch zu finden an der Grenze von Obernburg zu Hessen im Wald.
Links: Der hessische Löwe und die Abkürzungen::
Großherzogtum Hessen, darunter Breuberg
Rechts: Mainzer Rad und die Abkürzungen:
Großherzogtum Frankfurt Fürst Primas und
darunter O für Obernburg
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Das Königreich Bayern vereinnahmte das Department Aschaffenburg am 19. Juni 1814. Nach fünf Jahrhunderten endete damit die Mainzer Herrschaft. Obernburg wurde Teil des bayerischen Untermainkreises im Königreich Bayern.
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Die Titel des damaligen Obernburger Amtsvogts Franz Braun zeigen die wechselnden Herrschaftsverhältnisse:
- 1791 als mainzisch kurfürstlicher Amtsvogt im Kurfürstentum Mainz unter dem Erzbischof Karl Friedrich von Erthal,
- 1803 als kurerzkanzlerischer Amtsvogt im Fürstentum Aschaffenburg unter dem Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg,
- 1810 als Districts Maire im Großherzogtum Frankfurt auch unter dem Fürstprimas,
- 1814 als königlicher baierischer Landrichter im Königreich Baiern unter König Maximilian I.
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Das bayerische Obernburg wird Bezirksstadt Als Ergebnis des Wiener Kongresses 1814/15 musste Bayern seine österreichischen Zugewinne im Vertrag von München großenteils wieder aufgeben, bekam aber zum Ausgleich Teile der Pfalz sowie Gebiete um Würzburg und Aschaffenburg. Dadurch kam 1814 Obernburg zu Bayern. Die Krone Bayerns versuchte mit allen Mitteln das neu erworbene Gebiet von den alten Mainzer Bräuchen und Gewohnheiten loszubringen. Mit Polizeigewalt wurden in der Kirche das Singen der alten Lieder des Mainzer Gesangbuches unterbunden. Interessant ist auch, dass es bis 1814 in der Stadt nur Katholiken gab. Erst mit den von der bayerischen Verwaltung eingesetzten Beamten kamen nun auch evangelisch-lutherische Christen in die Stadt.
Die ersten beiden Jahre der Zugehörigkeit zu Bayern waren fruchtbare Jahre. Doch dann folgten 1816 und 1817 Regenjahre, in denen Getreide und Kartoffeln auf den Feldern verfaulten. Danach blühten Handel und Gewerbe wieder langsam auf, nicht zuletzt auch wegen der in Obernburg ansässigen Behörden.
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Wie eingangs erwähnt gaben sich die Obernburger Stadtväter 1818 ein neues Wappen, dessen Symbole an die ersten 500 Jahre der Stadtgeschichte erinnern sollten.
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Das weitab von München an der Nordwestecke des Königreichs Bayern gelegene Obernburg, das im Kurfürstentum Mainz seit 1782 Amtsvogtei für die frühere Cent Bachgau war, wurde 1814 Sitz eines königlich bayerischen Landgerichts 2. Klasse für dieses Gebiet. Im Jahr 1828 gelang es, das Gebiet von Kleinwallstadt und des nördlichen Spessartumlandes dazuzugewinnen.
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Um Räumlichkeiten für dieses vergrößerte Landgericht zu schaffen, waren an den bestehenden Gebäuden am Kirchplatz Veränderungen erforderlich. So musste der Frühmesser, ein Geistlicher, der auf Grund von Stiftungen Messen für die Seelen von Verstorbenen zu lesen hatte, in das frühere Stadtschreiberhaus in der Mainstraße umziehen. (Als Stadtschreiber bezeichnete man den mittelalterlichen Leiter einer städtischen Kanzlei. Durch seine juristische Bildung, Erfahrung und lange Dienstzeit konnte er auf die Stadtentwicklung oft einen bedeutenderen Einfluss ausüben als der jeweils nur kurzfristig amtierende Bürgermeister.)
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Die Mädchenschule war schon 1826 in das Haus Nr. 240 in die Hauptstraße (heute Textilhaus Reichert in der Römerstraße) umgezogen. Nachdem auch die Knabenschule in das Haus der bisherigen Mädchenschule (Gebäude der späteren Drogerie Schuck) umgezogen war, konnten dann 1829 das Frühmesserhaus und das alte Knabenschulhaus zum königlich bayerischen Landgerichtsgebäude mit einem gemeinsamen Treppenhaus zusammengefügt werden. Dieser Zusammen-bau ist heute noch an der Rathausfassade in der Römerstraße zu erkennen.
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Das Frühmesserhaus
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Ein neues Gesetz brachte 1861 die Trennung von Verwaltung und Justiz und das Ende der bisherigen Landgerichte. Deshalb musste ein gemeinsames Bezirksamt für die bisherigen Landgerichte Obernburg und Klingenberg errichtet werden. Aber in beiden Städten fehlte es an geeigneten Gebäuden. Da Obernburg sich zur Erbauung eines entsprechenden Gebäudes bereit erklärt hatte, erhielt es den Sitz dieses neuen Bezirksamtes und das Gebiet um Klingenberg wurde 1862 verwaltungsmäßig Obernburg zugeschlagen.
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1863 erbaute man für das vergrößerte Bezirksamt ein neues Sandsteingebäude in der nördlichen Römerstraße (Bild links), in dem nicht nur das Bezirksamt, sondern auch das Amtsgericht seine Amtsräume hatte.
Obernburg wurde damit zur Bezirksstadt, ab 1939 nannte man es Kreisstadt.
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Bevölkerungsentwicklung In der bayerischen Zeit wurde die Einwohnerzahl regelmäßig amtlich festgestellt. 1814 wohnten 1.345 Bürger in Obernburg, 1820 waren es 1.548. Am 1. Januar 1825 lebten 1.720 Menschen in 290 Häusern und zwar 764 männlichen und 956 weiblichen Geschlechts. Pfarrer Faulhaber notierte weiter: „Unter diesen sind 264 Ehemänner aus Herren, Bürgern und Beisassen bestehend, 264 Eheweiber, 20 Wittmänner, 75 Wittweiber, 20 Handwerksgesellen, wovon 13 fremde und sieben hiesige sind, sechs Lehrjungen, nämlich zwei fremde und vier von hier, 32 Knechte, nämlich 22 fremde und 10 hiesige.
In Obernburg sind ferner 236 Schulkinder, nämlich 130 Mädchen und 106 Buben, 721 ledige Erwachsene und Kinder beiderlei Geschlechts. Unter allen diesen befinden sich drei Protestanten, nämlich die Frau und Tochter des Brigadiers und ein Gerbergeselle.
Bürgerliche Gewerbsleute sind in Obernburg: neun Krämer, elf Gastwirte mit Schildgerechtigkeit (d.h., sie boten neben Essen und Trinken auch Übernach-tungsmöglichkeiten, vier Straußenwirte, welche nur Zapfgerechtigkeit haben und deshalb weder Kost- noch Nachtquartier geben dürfen. Fünf Bierbrauer, von denen zwei im vorigen Jahre gleich außer der Stadt sich Felsenkeller zur Aufbewahrung des Bieres gebaut haben und der eine sogar ein Haus zum Bierzapfen nahe dabei errichtet hat. Zehn Branntweinbrenner, zwei Bord- und Lattenhändler, drei Holzwarenhändler, ein Chirurg, ein Geometer, ein Thierarzt, ein Kaminfeger.
Professionisten und Handwerker ohne Zunft befinden sich hier: 13 Bäcker, ein Müller, ein Frucht- und Mehlhändler, ein Färber, zwei Metzger, zwei Rothgerber, zwei Hutmacher, zwölf Küfer (ihre Zahl zeigt, wie bedeutend der Weinbau damals noch war), ein Spengler, sechs Lebküchler, die wegen ihrer guten Lebkuchen bekannt waren, ein Glaser, sechs Schreiner, vier Schlosser, vier Wagner, ein Nagelschmied, fünf Seiler, drei Sattler, zwei Dreher, ein Säckler und Kappenmacher, ein Lichter- und Seifenmacher, acht Maurer, fünf Tüncher, ein Ölmüller, sieben Schneider, 15 Schuhmacher, fünf Zimmerleute, ein Stärkefabrikant, sechs Schiffleute mit ganzen Zügen zum Holz verführen, sechs Scheicher, acht Fischer, ein Querfährer auf dem Main, ein Frucht- und Holzmesser, zwei Hebammen, drei Rasierer, ein Stiftshofbauer.
Es waren 64 Bauern mit Vieh und Wagen. Die Gespänne bestanden aus 42 Pfer-den und die übrigen aus Ochsen und Kühen, zudem gab es acht Chaisen. Die übrigen Einwohner waren Schiffsknechte, Hacker, Holzhauer und Taglöhner. Der geistliche und weltliche Beamtenstand, samt Lehrpersonal, bestand aus 22 Personen.“
Die Bevölkerung wuchs weiter. Im Jahre 1840 lebten bereits 2.534 Personen in Obernburg.
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Die Stadtmauern fallen Besonders im Sommer verbreiteten die vor vielen Häusern angelegten Misthöfe und Jauchegruben sowie die oberirdisch in den Mühlbach oder den Main geleiteten Abwässer wegen der fehlenden Luftzirkulation penetrante Gerüche. Aus diesen hygienischen Gründen und um ein Wachstum der Stadt ins Umfeld zu ermöglichen, riss man zwischen 1860 und 1890 große Teile der einengenden und marode gewordenen Mauern, zunächst an der Westseite der mittelalterlichen Befestigung, ab.
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Ebenso trug man das Maintor (nach 1866) und das Untere Tor (1839) ab, weil sie sich für die größer gewordenen Fuhrwerke als Hindernisse erwiesen. Das Untere Tor musste jedoch 1845 auf Anordnung des Landgerichts in der heutigen Form als Denkmal wieder aufgebaut werden.
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In diesem Stadtrelief sind die Reste der Stadtmauer (weiße Linien) sowie die bis heute noch erhaltenen Tore und Türme gekennzeichnet.
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Bis heute erinnern auch noch das Obere Tor (links) und das neu errichtete Untere Tor (rechts) an die Stadtbefestigung.
Die Steine der niedergelegten Mauern waren begehrt und wurden nicht nur zum Hausbau wiederverwendet. Unterhalb der Annakapelle gab es die so genannten Kapellengriesinsel. Den Mainarm zwischen Insel und Mainufer füllte man mit dem Bauschutt der Stadtmauer auf und gewann so Garten- und Wiesenflächen. Außerdem wurde die Rampe der ersten Mainbrücke mit dem Abbruchmaterial errichtet.
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Da in den Jahrhunderten nach der Stadtgründung außerhalb der Mauern kein Wohnhaus stehen durfte, waren die Menschen gezwungen, auf engstem Raum zu leben. Beengt wohnten sie in kleinen Wohnungen, Tür an Tür mit ihren Haustieren. Oft war kaum Sonnenlicht in den Höfen und Häusern zu sehen (Schwarzviertel).
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Wenn es dann brannte, waren die Auswirkungen, wie beim Großbrand von 1913 zwischen Unterer Wallstraße, Schustergasse und Oberer Gasse verheerend.
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Entlang der Lindenstraße, die 1899 diesen Namen erhielt, entstanden die ersten bäuerlichen Aussiedlerhöfe.
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Obernburger wandern nach Amerika aus Die meisten Obernburger lebten als Kleinlandwirte, die auch noch ein Handwerk betrieben. Sie waren auf den Ertrag ihrer Felder und Wiesen angewiesen, die aber meist durch Erbschaftsteilungen auf Kleinstparzellen geschrumpft waren. Viele ihrer zahlreichen Kinder sahen bei uns keine Zukunftschancen mehr und wanderten Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika aus.
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Einige von ihnen gründeten 1846 im Staat New York einen Ort, dem sie den Namen Obernburg gaben.
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Auch der 1852 zum katholischen Bischof von Philadelphia geweihte und inzwischen heilig gesprochene Johannes Nepomuk Neumann (Bild unten rechts) war der Sohn eines Obernburger Auswanderers.
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Eisenbahn und Brückenbau Eisenbahnen veränderten seit 1835 das Verkehrswesen in Deutschland und beendeten das Postkutschenzeitalter. Am 12. November 1876 fuhr die erste Eisenbahn von Aschaffenburg nach Miltenberg, allerdings nicht auf der Obernburger Mainseite. Die Lokalbahn Obernburg-Elsenfeld nach Heimbuchenthal wurde erst am 10. Januar 1910 eröffnet.
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Obernburg war jetzt zwar an das deutsche Eisenbahnnetz angebunden. Da man aber von Obernburg nur mit einer Fähre über den Fluss ans Elsenfelder Ufer zum Bahnhof kam, verpasste man oft wegen Hochwassers, Eisgang oder wegen des Floß- bzw. Schiffsverkehrs den Zug.
Die Fähre, die an einem über den Main gespannten Seil angehängt war, nannte man die „fliegende Brücke“.
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Postwesen Obernburg war seit 1750 Poststation, als die Postroute von Miltenberg nach Frankfurt auf die linke Mainseite verlegt wurde. Ab 1869 gab es eine Telegraphenstation, ab 1891 eine Postomnibusverbindung Obernburg-Eisenbach-Mömlingen. 1899 waren zwei Briefkästen angebracht, die täglich vier Mal entleert wurden. Die erste staatliche Telefonanlage Obernburgs nahm 1900 ihren Betrieb auf.
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Das ist einer der ältesten bislang gefundenen und in Obernburg aufgegebenen Briefe. Er ist mit einer "Sechs-Kreuzer"-Marke in Blau frei-gemacht und mit dem geschlos-senen Mühlradstempel 362 (stammend aus dem Jahre 1862) abgestempelt. Adressiert ist er nach Altenkonstadt bei Barstadt.
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Obstanbau statt Weinanbau Der Weinbau, der Jahrhunderte lang ein wichtiger Erwerbszweig war, verlor nach 1814 an Bedeutung. Dafür breitete sich der von der bayerischen Regierung geförderte Obstbau in den früheren Weingärten und im Umland stark aus. Die 1890 von Prälat Benkert gegründete Obstverwertungsgenossenschaft Obernburg, genannt OVGO (Bild unten), wurde zu einem wichtigen Zentrum der Obstverarbeitung und des Obsthandels in unserer Region.
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Obernburger Produkte erlangten national einen guten Ruf, was unter anderem auch Pfarrer Kneipp bestätigte. 1894 wurden bereits mit 20 Keltern 22.000 Hektoliter Apfelwein und 29.000 Flaschen Sekt erzeugt. Ab 1905 produzierte man auch Tomatenpüree, Marmelade und Konfitüre.
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Steinhauerei Auch mit der Gewinnung und Verarbeitung von Sandsteinen verdienten Obern-burger ihren Lebensunterhalt. Steinbrüche gab es zwischen Obernburg und Wörth, am Stadtberg und am Großwallstädter Berg. Nach 1890 verlegten die Steinhauer, die vorher ihre Arbeitsplätze an der Lindenstraße hatten, diese auf die neu entstandenen Flächen am Mainufer in den heutigen Mainanlagen. Sie fanden hier einen idealen Arbeits-, Stapel- und Verladeplatz.
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Mainschiffe und später die Eisenbahn verfrachteten die behauenen roten Sandsteine in die mainabwärts gelegenen Städte, vor allem zunächst nach Frankfurt, wo ganze Stadtteile und Straßenzüge aus diesem Sandstein gebaut wurden. Heute sind die Steinbrüche verlassen und zugewachsen. Sandstein wurde von anderen Baumaterialien abgelöst.
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Leben am und mit dem Main Wer heute am Main spazieren geht, kann sich kaum noch vorstellen, wie betriebsam es noch bis 1930 am Mainufer zuging. Mainschiffe lagen am Ufer und wurden be- und entladen. Die Fischer fuhren mit ihren Nachen zum Fischfang. Die Sandschöpfer schaufelten den Mainsand vom Sandnachen an Land. Am Holzlagerplatz herrschte reger Verladeverkehr. Zur Erntezeit stand die Dreschmaschine am Mainufer.
Die Zeit der Leinreiterschiffe war vorbei, als 1841 das erste Dampfboot den Main hinauffuhr. Es sah so aus, als wäre dies die Zukunft der Mainschifffahrt. Aber es kam anders. Die Dampfboote wurden um 1858 von dampfbetriebenen Kettenschleppschiffen abgelöst, was massive bauliche Korrekturen des Flusslaufes erforderte. Man benötigte tieferes Fahrwasser. Dies erreichte man durch die Verengung des Flussbettes durch Buhnen und Parallelwerke.
Die Kettenschlepper, die der Volksmund „Mainkuh“ nannte, fuhren mit viel Lärm mainaufwärts, bis auch sie nach dem Ausbau des Maines mit Staustufen keine Zukunft mehr hatten.
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Kettenschlepper vor Obernburg
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Quelle: Geographisch-historisches Handbuch von Bayern aus dem Jahr 1898
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Straßenbau und Kanalisierung Ab 1889 begann man, die bisher unbefestigten Gassen zu pflastern. 1892 und 1901 wurden die Mainstraße und die Hauptstraße, heute Römerstraße, kanalisiert. Um die Lindenstraße besser mit dem Zentrum zu verbinden, wurden zwischen 1903 und 1908 die Schillerstraße und um 1926 die Runde-Turm-Straße angelegt und ausgebaut, wobei Häuser in der Römerstraße abgerissen wurden (Bild links: Schiller-, rechts: Runde-Turm-Straße).
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Zwischen 1907 und 1912 wurde die Lindenstraße durch Grundstücksankäufe auf neun Meter verbreitert, teilweise kanalisiert und ausgebaut. Mit der Pflasterung und Kanalisierung der Straßen wurden zugleich auch die kleinen Seitengässchen umgepflastert, die früheren offenen Dungstätten mit Betonmauern eingefasst und die abfließenden Gewässer entweder unterirdisch in die Straßenkanäle oder in Jauchegruben geleitet. Durch diese Maßnahmen kam Obernburg in den Ruf, eine der saubersten Kleinstädte Unterfrankens zu sein.
Wasserversorgung Im Jahre 1901 wurde für 85.000 Mark eine mit natürlichem Gefälle verlegte Wasserleitung vom Lautergraben am Roten Busch bis zum Hochbehälter an der Brunnenstraße verlegt und jedes Haus bekam einen Wasseranschluss. Die zahlreichen öffentlichen Pumpbrunnen, die die Ziehbrunnen abgelöst hatten, konnte man nun stilllegen. Beim großen Brand 1913 im Schwarzviertel war die Wasserleitung aber keine Hilfe, da zu diesem Zeitpunkt Ausbesserungsarbeiten durchgeführt wurden.
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Gesundheitswesen Der erste staatlich angestellte Arzt kam 1826 nach Obernburg ans Landgericht. Ein Jahr später gründete der Klingenberger Apotheker Schuck in Obernburg eine Filialapotheke. Im Jahr 1900 hatte Obernburg 1736 Einwohner. Zwischen 1876 und 1900 wurden im Durchschnitt jährlich 60 Kinder geboren, von denen im Schnitt nur 40 das schulpflichtige Alter erreichten.
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Aufgrund einer Stiftung des Bürgermeisters und Arztes Dr. Thomas Zöller wirkten ab 1894 bis 1966 Ordenskrankenschwestern in Obernburg
1899 wurde Obernburg durch den Bau des Distriktkrankenhauses (Bild links) zentraler Mittelpunkt für die Krankenversorgung des Bezirkes.
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Schule und Kinderbewahranstalt Für die steigende Zahl der Schulkinder baute die Stadt 1879 die Mädchenschule (Bild links) und 1909 die Knabenschule sowie ein repräsentatives Lehrerwohnhaus (Bild rechts) nördlich des Unteren Tores. An der Römerstraße zwischen Mädchen- und Knabenschule errichtete der Krieger- und Veteranenverein 1910 für die Kriegsteilnehmer von 1866 und 1870/71 ein Denkmal mit einem liegenden Löwen.
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Eine Kleinkinderbewahranstalt gab es bereits seit September 1865 im umgebauten ehemaligen Gefängnis am Stiftshof.
1905 wurde ein Neubau an der Frühlingsstraße errichtet (Bild rechts), der mehrfach erweitert wurde.
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Der Erste Weltkrieg Im Ersten Weltkrieg mussten auch viele Obernburger Soldaten ihr Leben lassen oder kehrten als Invaliden zurück. Am 1. August 1914 abends wurde die Mobilmachung für Reserve, Ersatzreserve und Landsturm bekannt gemacht.
Bild rechts: Obernburger Landsturm
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Am Sonntag danach rückten die ersten Reservisten nach Empfang der Sakramente ein. Bis Kriegsende wurden 400 Obernburger einberufen. Für die 55 Gefallenen und Vermissten und die 13 in der Heimat an Kriegsverletzungen Verstorbenen weihte man 1922 an der Annakapelle einen Kriegergedächtnisaltar (Bild links) ein.
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Wegen des Krieges herrschten auch in der Heimat Hunger und Elend. Die nachfolgende Inflation vernichtete bis 1923 viele Ersparnisse und brachte große Not für die meisten Obernburger.
Die Glanzstoff Nach dem Kriegsende wurde 1919 auf der anderen Mainseite auf dem Gebiet der Wüstung Mainhausen mit dem Bau der Bayerischen Glanzstoff-Fabrik AG begonnen. Im Jahr 1924 bedeutete der auf dem anderen Mainufer anlaufende Betrieb mit 272 Mitarbeitern, dass es wieder Hoffnung gab. Obernburger Kleinhandwerker und Kleinbauern fanden hier neue Arbeitsplätze. Auswärtige Facharbeiter oder leitende Angestellte zogen nach Obernburg. Leider gab Obernburg dem neuen Werk nur den Namen, die Steuereinnahmen flossen vorwiegend nach Erlenbach.
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Turnhalle, Sportgelände und Apfelblütenfest 1926 wurde die Turn- und Sporthalle an der Jahnstraße gebaut (Bild links: Richtfest am 12.7.1925). Obernburg bekam damit auch einen repräsentativen Versammlungsort für den gesamten Landkreis.
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Auf dem daneben angelegten Sportgelände Lahmenkaute feierte man ab 1931 in der Woche um Christi Himmelfahrt das Apfelblütenfest (Bild rechts), das sich bald zu einem beliebten Frühlingsfest am Untermain entwickelte. Damals gab es auf Obernburger Gemarkung 40.000 Apfelbäume. Im Frühjahr 1939 feierte man das letzte Fest vor dem Krieg. Erst 1949 entschloss man sich, wieder ein Fest abzuhalten.
Die Zeit von 1933-1949 Anfang 1933 wurde der Kandidat der Bayerischen Volkspartei, Kommerzienrat Heinrich Wörn, wieder zum Bürgermeister gewählt. Wie in vielen anderen Städten des Reiches drängten die Nationalsozialisten dann die parteifremden Mandatsträger aus dem Amt. Zwischen 1933 und 1945 erlebte die Stadt die Amtsperioden zweier nationalsozialistischer Bürgermeister.
Im Dezember 1937 wurde Hans Bräunig als Bürgermeister beurlaubt. Die NSDAP bestimmte den verdienten Parteigenossen Heinrich Störrlein aus Würzburg zum ersten berufsmäßigen Bürgermeister. Er übernahm sein Amt am 1.7.1938. Aber auch unter ihm wurden die meist christlich geprägten Obernburger keine glühenden Anhänger des Nationalsozialismus.
Das Dritte Reich brachte zunächst auch für Obernburg einen gewissen Aufschwung. Viele Arbeitslose fanden wieder eine Arbeit und ein bescheidenes Auskommen.
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Soldaten vor dem Rathaus
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Aber bald nach Kriegsbeginn änderte sich die Situation: Immer mehr Gefallenennachrichten erreichten die Familien. Bombennächte in Kellern und Unterständen ängstigten Frauen und Kinder. Einige Häuser wurden zerbombt.
Am 26. März 1945 sprengten deutsche Truppen die Mainbrücke, um den amerikanischen Vormarsch zu verzögern. Die Brückenreste zeugten noch lange nach Kriegsende vom katastrophalen Ende der NS-Zeit.
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Nach dem Einmarsch der Amerikaner errichtete die amerikanische Militärregierung unter Captain Logan im Lehrerwohnhaus in der Römerstraße ihre Dienststelle. Obernburg wurde von den Besatzungssoldaten den Umständen entsprechend schonend behandelt.
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In der Stadt herrschten Ruhe und Ordnung. Anton Reis wurde von den Amerikanern kommissarisch als Bürgermeister eingesetzt. Willy Nees, der 1946 zum ersten Nachkriegsbürgermeister gewählt wurde und dieses Amt bis 1964 inne hatte, führte danach Obernburg durch die Nachkriegsjahre und die Zeit des Wiederaufbaus.
Das Bild zeigt Willy Nees beim Chef der Militärregierung Major Logan.
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Flüchtlinge und Heimatvertriebene Zahlreiche Flüchtlinge und Heimatvertriebene mussten nach 1945 in Obernburg bei Familien oder in sieben Behelfsheimen aufgenommen werden. Viele fanden hier eine neue Heimat und halfen beim Wiederaufbau nach den schrecklichen Kriegsjahren. 1949 zählte man bei einer Gesamteinwohnerzahl von 3250 Personen 732 Zugezogene (ca. 30%). In jedem Haus herrschte damals eine heute unvorstellbare Enge. Viele Menschen wohnten in Sammelunterkünften, Baracken oder in Notwohnungen.
Obernburg hat wieder eine Mainbrücke
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Bis 1949 sorgte eine Motorfähre für die Verbindung zur Elsenfelder Seite. Erst ab dem 30. Juni 1949 konnte der Main wieder auf einer neuen Brücke überquert werden. Deren Eisen-konstruktion aus umfunktioniertem Pioniergerät wurde auf den Sandsteinpfeilern der zerstörten Brücke errichtet.
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Die Jahre ab 1950 Der Aufschwung der Wirtschaftswunderzeit führte auch in Obernburg zu einem bescheidenen Wohlstand. So entstanden in den 1950er Jahren Neubaugebiete im Süden und im Norden der Stadt.
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Evangelische Kirchengemeinde
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Die Zahl der evangelischen Christen war nach dem Krieg stark angewachsen und so entschloss man sich zu einem Kirchenbau. Am 16. September 1950 erfolgte der Erste Spatenstich. Am 8. Oktober war Grundsteinlegung und ein Jahr später konnte die Gemeinde am Himmelfahrtstag, dem 3. Mai 1951, die Einweihung der Kirche feiern.
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Katholische Kirchengemeinde
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Nachdem Ende 1962 das neu errichtete Pfarrhaus bezogen werden konnte, wurde die katholische Pfarrkirche bis auf den Kirchturm abgerissen und neu erbaut. Die Einweihung erfolgte 1966.
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Obernburg wird überregionale Schulstadt
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Im Niedernfeld entstand ein aus-gedehntes Schulzentrum. Zunächst bekamen 1955 Berufsschüler eine zentrale Ausbildungsstätte. Im Dezem-ber 1963 wurde der Neubau der von Klingenberg nach Obernburg verla-gerten Realschule eingeweiht. Neuer-dings befinden sich auch die Fach-oberschule und die Berufsoberschule dort.
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Aussiedlerhöfe entstehen Kleinbäuerliche Betriebe wurden aufgegeben. Einige Landwirte wagten den Sprung aus dem Zentrum der Stadt, so wie die Familie Klimmer im Jahre 1959 und gründeten Aussiedlerhöfe am Oberen Neuen Weg und auf den Hochfluren. Die neuen Höfe spezialisierten sich.
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Links: Heimschneiderwerkstatt im Museum Klingenberg, Mitte und rechts: Kleiderfabrik Weidenmann im Weidig
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Eingliederung von Eisenbach Am 1. Mai 1978 wuchs die Stadt durch die verwaltungsmäßige Eingliederung von Eisenbach. Man zählte damals zusammen über 7500 Einwohner. Die Neubaugebiete auf den Südhängen (ab 1964) und das Industriegebiet Weidig waren ohnedies schon nahe an die Gemarkungsgrenze von Eisenbach herangerückt.
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Das Bild zeigt die damaligen Bürgermeister Wendelin Imhof (Obernburg) und Emil Hohm (Eisenbach).
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Umgehungsstraße und Mainbrücke
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Die alte Mainbrücke und das Zollhäuschen wurden bis Ende 1983 abrissen, nachdem die B469 auch hier vierspurig ausgebaut war. Auf ihren Pfeilern entstand der Ende 1984 eingeweihte Fußgängersteg, der nun die Altstadt mit der Elsenfelder Seite verbindet.
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Am Pfeiler an der Obernburger Seite erinnern noch die Grundsteine der ersten beiden Brücken mit den Jahreszahlen 1890 und 1948 an die Vorgängerbauten.
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Altstadtsanierung und Stadtentwicklung Auch das Stadtbild änderte sich ab den 1950er Jahren. Das wird Thema in einem der nächsten Obernburger Blätter sein.
Hier soll unser Rückblick, bei dem wir nicht alles aus der jüngsten Vergangenheit aufführen konnten, enden.
Wie wir sehen konnten, haben unsere Vorfahren in den letzten sieben Jahrhunderten vieles getan, ihre und unsere Stadt Obernburg trotz aller Rückschläge weiterzuentwickeln. Das sollte für uns alle, die heute in dieser Stadt wohnen und arbeiten, Ansporn für die Zukunft sein.
Heinz Janson und Helmut Wörn
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Quellen der gesamten Ausgabe: 1900 Jahre Obernburg am Main von Leo Hefner, 1984 Geschichte der Stadt Obernburg von Hofrath Dr. Kittel Geschichte und Topographie der alten Grafschaft und Cent Ostheim und der Stadt Obernburg von Johann Wilhelm Christian Steiner Chronik des Amtsgerichts Obernburg von Hans Stockmann Streiflichter aus Obernburg von Leo Hefner, Heft 1 und Heft 2 Obernburg am Main, Ein Stadtrundgang von Leo Hefner Landkreis Miltenberg, Geschichte, Zeugnisse, Informationen von Friedrich Müller Obernburg in alten Ansichten von Leo Hefner Obernburg am Main, Geschichte in Bildern seit der Jahrhundertwende, 1995, Leo Hefner 100 Jahre Gesangverein Obernburg Vorträge von Dr. Werner Trost Archiv Stadt Obernburg Obernburger Blätter Ausgaben 1 bis 14 Archiv Heimat- und Verkehrsverein Obernburg Mainzer Risse + Pläne Nr. 46 von 1615, Staatsarchiv Würzburg
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